Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 5.1981

DOI Artikel:
Ameling, Lothar: Die historische Entwicklung des Erscheinungsbildes von Reisezugwagen - ein Ansatz zur geschichtlichen Untersuchung von Designgegenständen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30597#0061

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einerseits um sich den höheren Reisegeschwindigkeiten anzupas-
sen, andererseits einer gewissen Stromlinieneuphorie folgend,
veränderte sich das Erscheinungsbild neu entwickelter Reisezug-
wagen.

Die inzwischen blechverkleideten Außenwände wurden möglichst glatt
gehalten, Kanten und Ecken gerundet und das Untergestell von ei-
ner sogenannten Schürze verdeckt.

In der Gestaltung der Innenrävune waren historisierende Tenden-
zen endgültig überwunden worden. Dafür herrschten sachliche,
zweckmäßige Erscheinungsformen, vereinzelt mit Elementen des
"Art Deco" vermischt, vor.

In Prankreich und Deutschland wurde die bereits 1850 erprobte
Idee des Doppelstockwagens v/ieder aufgegriffen, die sich trotz
gigantischer Projekte der Easchisten nur im Vorortverkehr be-
währte.

Im faschistischen Deutschlsmd wurde die Eisenbahn eines der
Prestigeobjekte und damit, die Erscheinungsbilder lassen darauf
schließen, Gegenstand gezielter, letzten Endes auch politisch
orientierter Gestaltungstätigkeit.

Während des II. V/eltkrieges und in den ersten Jahren nach der
bedingungslosen Kapitulation Hitlerdeutschlands stagnierten tech-
nische Weiterentwicklung und Gestalüung von Reisezugwagen in
Europa (sieht man von den Fortschritten in der Schweiz ab).

Erst in den fünfziger Jahren wurden neue Versuche im Reisezug-
wagendesign unternommen. Solche zaghaften Ansätze wurden vor
allem bei den Speisewagen gemacht, die als Sonderwagen in gerin-
gerer Stückzahl den gestalterischen Absichten einen größeren
Spielraum als die teilweise standardisierten Sitzwagen ließen
(und bis heute lassen).

Der riesige Bedarf an Reisezugwagen nach dem Krieg ging mit einem
Mangel an solidem Material und der Produktion neuer, billiger
••Ersatzwerkstoffe” einher. Die Vorstellungen vom Erscheintmgs-
bild eines Reisezugwagens waren jedoch nach wie vor die tradi-
tionellen, in der Vorkriegszeit geprägten.

Um den Eindruck von Solidität und Gediegenheit zu erwecken, wur-
den kostengünstige Erzeugnisse reichlich mit Materialimitationen
versehen. Ein Erbe, das sich hartnäckig bis in die Gegenwart be-
hauptet.

59
 
Annotationen