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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 5.1981

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Nagy, Èva Mària: Bedürfnisse und Ansprüche
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https://doi.org/10.11588/diglit.30597#0179

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stimmen oft nur darin überein, daß die Konsumenten sich über ihre
eigenen Bedürfnisse nicht im klaren sind.

Wenn ich jetzt die Lage etwas übertrieben gezeigt habe, so i3t
sie doch imgrunde genommen tatsächlich nicht viel besser.

Der Begriff Bedürfnis ist in den Ideenkreis der Formgestaltung
gelangt, trug aber bis jetzt zur Lösung der kohkreten Aufgaben
nicht viel bei.

Wir können nicht erwarten, daß er in den konkreten Fragen sur
Lösung beiträgt, wenn die Grundfragen nicht klargestellt werden.
In Yerbindung mit den Bedürfnissen heißt das grundlegende Fro-
blem: Ist es überhaupt wiesenschaftlich entscheidbar, wer welche
Bedürfnisse hat?

Diese Frage bedeutet aus der Sicht der Gesellschaftswissenschaft
betrachtet: Sind die Bedürfnisse objektiv oder sübjektiv?

Nacb der Interpretation des historischen Materialismus sind die
Bedürfnisse objektiv, das heißt; wir verstehen unter den Beaürf-
nlssen nicht das, was für das Subjekt gut wäre bzw, was das Sub-
jekt für sich selbst als nötig betrachtet»

Die Objektivität der Bedürfnisse resultiert daraus, daß ihr
Entstehen, ihre Struktur, sowie das Maß und die Art und Weise
ihrer Befriedigung durch objektive Faktoren determiniert werden.

Die Marxsche Analyse über die Wechselwirkung von Produktion,
Bedürfnis und Konsumtion ist allgemein hekannt. Ihr Wesen läßt
sich folgendermaßen erfassen: Die Produktion, das Bedürfnis und
die Konsumtion erscheinen als Momente eines prozesses, "worin
die Produktion der wirkliche Ausgangspunkt und darum auch das
übergreifende Moment ist". Der grundlegende determinierende Fak-
tor für die Bedürfnisse ist die Prodüktion. Im Laufe der Ge-
schichte tauchten neue Bedürfnisse immer nur dann auf, wenn die
Prcduktion deren Befriedigung schon ermöglichte.

Ein Beispiel soll das eben gesagte verdeutlichen.

Das Waschen war schon immer eine schwere und mühevolle Arbeit,
doch das Eedürfnis nach einer Waschmaschine entstand erst nach
der Erfindimg des Elektromotors (jedoch früher als die Konstruk-
tion der ersten Waschmaschine).

Die Bedürfnisse wirken nämlich auf die Produktion insofern zu-
rück, indem sie die Realisierung der schon vorhandenen Möglich-
keiten und deren Ausbreitung fördem und begünstigen.

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