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Von den Geschichten des Kayserl. Hofes rc. r 5
Bey dieser glücklichen Situation der Kayserl. Königs. Crbländer, wurde ein Erdbeben in
Theil des Königreichs Ungarn in nicht geringe Bestürzung gesetzt. Ein Erdbeben? Ungarn,
welches sich so gar bis nach Wien erstreckt, schien verschiedenen Städten Keses Kö-
nigreichs am rzten Junii chen Garaus zu machen. Kein Ort aber hat dieses Un-
glück so stark gefühlt, als die Stadt Comorra, auf der Insel Schütt. Sv wie
überhaupt die am W sser gelegene Orte dem Erdbeben mehr ausgesetzt find, als
andere; also ^streckte sich diese Erschütterung längst der Donau hin, so, daß al-
les was an Wänden hieng herunter stürzte. Comorra sechsten aber dient zum Bey-
spiel, wie eine Stadt in wenig Minuten ihren völligen Ruin finden könne. Es
war der 2.8 Junii, nemstck der Vorabend des Festtags deren heiligen Petri und
Pauli, als bald nach 5 Uhr Morgends der erste Erdstoß wahrgenommen wurde.
Die Einwohner waren theilö in den Kirchen, tbsils auf den Marktplätzen, dw
meisten aber noch in ihren Hamern. Der Schrecken über diesen ersten Stoß und
Erschütterung war grösser, als der Schaden: und es ist der Göttlichen Vorsicht
And Barmherzigkeit zuzuschreiben, daß dadurch die Einwohner der Stadt ihre
Sicherheit zu suchen, ermah et worden; wie denn auch die meiste sogleich in si-
chere Oerter sich geflüchtet haben. Es stund nicht viel mehr als eine Viertelstun-
de an, so folgte der zwente Erdstoß, welcher unter allen übrigen , dis hernach
bemerket worden, der hefngste war, und anderthalb Minuten dauerte; dabei-
wurde ein Gethöne und Geräm'ch wahrgenommen. In einem Augenblick spalteten
sich die Kirchen, Klöster und büraerl che Gebäude: die Gewölber und Doppel-
böden fielen ein; dre Scbüttmauern lagen über den Haussen. Die schöne Und
prächtige Kirche der P. P. Iesuiter blieb, nzcht verschonet, und die Thürne stürze-
ten sogar ein; der Priester vor dem Altar wurde am Haupt verletzet. Die Resi-
denz ist sehr beschädiget, und der dritte Stock davon eingefallen. Einen noch
grössern Schaden hat die Kirchs und das Kloster derer P. P. Fcanciscaner ge-
litten; alle Altäre giengen in Stücken, das ganze Kikchengewölbe fiel den Leuten,
welche der Messe beywohneten, über den Kopf zusammen, und viel derselben
wurden unter dem Schutte begraben. Die Klostergcistlichen haben zwar das
Glück gehabt, sich mit der Flucht zu retten, doch sind ihrer etwelche verletzet wor-
den. Der Thum des Rathhauscs ist auch geborsten und herabgcfallen, wodurch
mehrere auf dem Platz sich befindende Leute verschüttet wurden. Ja es ist fast
kein Hausl welches undeschadiget geblieben: so gar etliche niedere, undvonKoth-
ziegeln gebaute Häuser sind von einander gerissen worden. Auch bey denen P. P.
Franciscanern sind die Zimmer ober dem Rssectorio, und ober der Küche einge-
stürzet; desgleichen ist in mehreren Haus rn aefchehen. Die Bestürzung war groß
und allgemein^ wäre das Unglück bey der Nacht geschehen , so würden die mei-
sten Einwohner ihr Grab in ihrer Lagerstatt gefunden haben. Etwelche Rauch-
fänge sind zu scheu, welche in der Mitte gleichsam enkzwey gebrochen, und nun
umgekehrt da sieben. Die Zahl derer Erschlagenen ist noch ungewiß, dann viele
noch unter dem Schutte liegen. Der Todten welche man bisher hat ausgraben
können, waren bis den 4 Julii schon 54. Die Verwundeten, unter welchen vie-
le Contusion gelitten andere aber an Händen und Füssen gequetschet worden,
sind leichtlich auf roo zu rechnen. Sonst find auch verschiedene Krankheiten aus
diesem Jammer entstanden: säugende Kinder aus Mangel der Nahrung gestorben:
einige Leute aber verwirret, und einer gar Sinnloß geworden. Man hörte in
der ganzen Stadt nichts als Weinen und Wehrklagen; die Geistlichen haben sich
-ey dieser Gelegenheit fleißig und eifrig gezeiget; ganze Nächte find im Gebeth
und
 
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