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tief gehende Schiffe bei Hochwasser einige Meilen auswärts bis zur
Eisenbahnstation Tonku gelangen. Aber schon 45 Irin stromauswärts,
bei Tientsin, liegt die Flutgrenze, während dort noch vor kurzem ein
Flutwechsel von mehr als 0,3 in vorhanden war. Bei der Bedeutung
dieses Hafens für die jetzt durch eine Eisenbahn mit ihm verbundene
Hauptstadt des Reiches ist es selbstverständlich, daß einsichtige Chinesen,
wie Lihungtschaug, den Wert einer Korrektion des Flusses sehr wohl
einsehen und sie durchaus fördern mochten. Aber er erklärte bedauernd,
daß China zur Zeit keine Mittel für solche Zwecke besitze, und es ist
ja auch begreiflich, daß mau an das Unternehmen nicht gern wieder
herantritt, da ein erster Versuch unglücklich verlief, indem ein mit der
Herstellung beauftragter hoher Beamter die ihm vor einigen Jahren
überwiesenen 1,5 Millionenich weiß nicht mehr Taels oder Dollars
— anderweitig verwandte. Man sagte, er habe sie ausgeliehen.
Anders liegen die Verhältnisse bei dem für die heutige Schiff-
fahrt wichtigsten Flusse, dem Wusung. Hier ist es vorzugsweise die
innere Barre, die den nach Schanghai laufenden transatlantischen
Dampfern Schwierigkeiten bereitet, denn die Wassertiefe beträgt bei
Springfluten etwa 6 m, bei Nippfluten gar nur 5 m. Es ließe sich
mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine wesentliche Verbesserung
erzielen, aber hier glaubt die chinesische Regierung durch eine solche keinen
Vorteil zu haben. Betrachtet man doch vielmehr die Barre von alters
her als ein Geschenk des Himmels, um große feindliche Schiffe am Vor-
dringen zu hindern, und hat doch in neuester Zeit die Regierung den
kühnen Gedanken nicht nur gefaßt, sondern auch mit Ernst der Ausführung
nahegebracht, an der Mündung des Flusses in den Jangtse bei dem Dorfe
Wusung, also unterhalb der innereu Barre, einen Hafenplatz anzulegen,
der mit Schanghai in allernächster Zeit durch eine Eisenbahn verbunden
sein wird, und der sich zu Schanghai etwa verhält wie Bremerhaven
zu Bremen. Da Schanghai Stapelplatz für europäische Maaren ist
und die Erträge dieses mächtigsten Handelsplatzes im Osten größten-
teils Europäern zufallen, so liegt der chinesischen Regierung gar nichts
daran, durch Beseitigung der Barre den Handel Schanghais zu fördern;
sie ^überläßt das vielmehr den europäischen Kaufleuten. Diese sstehen
vorläufig der großen Mehrzahl nach auf dem Standpunkt, daß sie, wie
sie sagen, nicht nach China gekommen sind, nm dort Geld für Unter-
nehmungen auszugeben, die ihrer Ansicht nach dem Staate zufallen.
Jeder von ihnen denkt über kurz oder lang nach Europa zurückzukehreu
und glaubt es seinen Nachfolgern im Geschäft überlassen zu können, eiueu
 
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