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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Panzer, Friedrich: Der romanische Bildfries am südlichen Choreingang des Freiburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0017
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Panzer, Der romanische Bilderfries am südlichen Choreingang

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20. Fries in der Krypta des Münsters zu Basel.

sonen und Ereignissen des Alten Testaments Vor-
bilder und Hinweise erblickte auf die Personen und
Geschehnisse des neuen Bundes. „Unde swaz uns
guoter dinge und übeler in der niuwen e künftic was
(d. h. im neuen Bunde bevorstand) an unsern seien, daz
hat uns got allez erzöuget in der alten e an der Hute
leben" sagt Bertold von Regensburg einmal in einer
Predigt49. In der Kunst hat diese Auffassung später-
hin in den sogenannten Armenbibeln ihre syste-
matische Durchführung gefunden. Ihr galt Samson
als Vorbild für Christus, der Löwe aber, den er zer-
reißt, als Bild des Teufels50. Der ganze Vorgang
wird speziell als typologisches Vorbild von Christi
Sprengung der Hölle aufgefasst und diesem Ereignis
in den Armenbibeln zusammen mit andern in gleichem
Sinne gedeuteten Szenen des Alten Testaments gegen-
übergestellt.

Soweit also wäre alles in Ordnung. Was aber
bedeutet dann der Widder, der auf unserem Fries
der Szene zusieht? In der Tat haben die Erklärer
bisher mit diesem Stück nichts anzufangen gewusst,
denn dass in ihm eine symbolische Beziehung auf
Christus und in seiner Erhöhung eine Anspielung
auf Christi Erhöhung am Kreuze vorliege, wie ein
Erklärer gemeint hatte51, wird niemand glauben
mögen. Dass der Widder aber sein Dasein, wie ein
anderer ausspricht, „gewiss nur einem Horror vacui"
seine Entstehung verdanke52, ist zwar eine recht be-
queme, aber für jeden, der mittelalterliche Kunst
kennt, keineswegs überzeugende Behauptung.

In der Tat hat der Widder seine gute Berechti-
gung. Er bezeugt uns aber, dass wir in dem Löwen-
kämpfer unter ihm nicht Samson, wie bisher ge-
schehen, sondern David zu erkennen haben.

Man weiß, dass von dem tapfern Hirtenknaben
dasselbe Stücklein erzählt wird, wie von Samson
1. Sam. 17, 34: „David aber sprach zu Saul: Dein
Knecht hütete der Schafe seines Vaters und es kam
ein Löwe und ein Bär und trug ein Schaf weg von
der Herde. Und ich lief ihm nach und schlug ihn

und errettete es aus seinem Maul. Und da er sich
über mich machte, ergriff ich ihn bei seinem Bart
und schlug ihn und tötete ihn. Also hat dein Knecht
geschlagen beide, den Löwen und den Bären."

Davids Löwenkampf ist von der Kunst des
Mittelalters gleichfalls sehr oft gebildet worden. Seit
der ältesten Darstellung an der geschnitzten Türe von
San Ambrogio in Mailand, deren ehrwürdiges Alter
jüngst durch Goldschmidt so überraschend nachge-
wiesen ward, ist sie oftmals wiederholt worden. Frei-
heit und Reichtum der altern Komposition ward auch
hier später schematisch hart zusammengezogen. Man
bildete die Kampfszene (und zwar häufig nur den
Kampf mit dem Löwen) ähnlich wie bei Samson und
zeigte seitlich oben oder unten noch das Schaf, das
David dem Räuber abjagt. Ein bekanntes Beispiel bietet
der Elfenbeindeckel vom sogenannten Psalter derMeli-
senda63 (Fig. 22, links oben), wo die Bedeutung der



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21. Miniatur aus der Regensburger Handschrift von
Enikels Weltchronik.

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