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Die Bildbeschreibung in der christlichen Zeit

und bedürfe keiner Statuen, auf die Dauer nicht Folge geleistet.
Und ebensowenig mochte man die Prophezeiung des Jesaias
(Vulgata, Kap. 53/2) „non est species ei, neque decor" allzu
wörtlich nehmen, sondern hielt sich lieber an die auf Christus be-
zogene Verherrlichung im dritten Vers des 44. Psalmes, daß der
Herr der Schönste unter den Menschenkindern sei, und ahmte in
Jesu Antlitz das Zeus- oder Apollideal nach.
B. Das frühe Mittelalter in seinem Verhältnis zur Antike
Martianus Capella und seine Nachfolger
Schon vom 5. Jahrhundert ab vermochte sich, wie wir wissen,
neben der strengen Patristik unwillkürlich eine freiere, neuplato-
nische Richtung Bahn zu brechen, für die Martianus Capella1)
mit seiner „Hochzeit des Merkur mit der Philologie" den Aus-
gangspunkt bildet. Darin, daß Martian die Götter nicht lassen
kann, sondern sie im Gegenteil so wie sie eben von altersher
waren, ziemlich kritiklos zu einer seit Homer obligaten Sitzung
versammelt, folgt ihm noch mancher nach. Ohne Unterschied
greifen sie alle die alten Götterfabeln unter dem Vorwand auf,
sie in euhemeristischem oder allegorisierendem Sinne aus- und
umzudeuten. In der Art, wie Planciades Fulgentius' Haupt-
werk „Mythologiae" und seine „Virgiliana continentia",
die zum Erbauungsbuch verballhornte Aeneis, werden sie im Rah-
men moralisierender Abhandlungen meist mit so anschaulichen Be-
schreibungen der einzelnen Göttertypen ausgeschmückt, daß die
bildende Kunst nur darauf zurückzukommen brauchte, um auf
Jahrhunderte hinaus den Kanon für gewisse Motive zu haben,
Man denke dabei beispielsweise an die Gruppe der drei Gra-
zien, deren mittlere dem Beschauer den Rücken zukehrt, wie sie
uns Fulgentius im 1, Kapitel des 2. Buches seiner „Mytholo-
gien" vormalt:
„. , . quas ad nos conversas,
unam a nobis aversam."
Es ist das Schema, das hauptsächlich durch die noch des öftern
zu erwähnende Libellus-Illustration von etwa 1420 verbreitet
worden ist (Abb. 2). Daß auch in Form von Enzyklopädien der
 
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