Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 10 —

unter den bis jetzt bekannten „Stegocephalen" befinden, daß sie
erst noch aufgefunden werden müssen. Und dies ist nur ein Teil
der Frage, welche die Genese der den Proreptilia gleichwertigen
Promammalia natürlich auch im Auge behalten muß (siehe die
weiter unten folgenden Ausführungen bei den Theromorpha).

Die meiner Ansicht nach zu postulierende streptostyle Beschaffen-
heit der Proreptilia und Promammalia gestattet keine direkte An-
knüpfung an die bisher bekannten monimostylen Amphibien oder
Dipnoer, ebensowenig aber eine solche an die wieder in anderer
Weise — hyostyl — erfolgende Verbindung des Kieferapparates
bei den Crossopterygiern, sondern läßt sich direkt nur zu solchen
primitivsten Vorfahren der Amphibien zurückführen, deren Qua-
dratum nach Art der Selachier, und speciell der tiefsten Vertreter
derselben (Notidanidae), beweglich mit dem Schädel verbunden
war. Daß solche primitive streptostyle Amphibien einstmals
existiert haben, wird uns auch durch die bekannten onto-
genetischen Befunde bei den jetzt lebenden Amphibien wahrschein-
lich gemacht. Vermutlich wandelte sich bei ihnen die Streptostylie
in dem Maße in Monimostylie um, als phylogenetisch ihr ursprüng-
lich oberflächlich gelegener Deckknochenapparat mit dem Quadratum
in intimeren Verband trat und damit dessen freie Beweglichkeit
beeinträchtigte und schließlich bis zur Unbeweglichkeit aufhob.

Dazu kommen aber noch die vielen anderen wichtigen Dif-
ferentialmerkmale, nicht zum mindesten das Verhalten der Flossen,
die sich bei Amphibia, Sauropsida und Mammalia zu dem Cheiro-
pterygium ausbildeten, ohne daß wir über die demselben speciell
Ausgang gebende Flossenform tiefer stehender, noch nicht cheiro-
pteryger Tiere volle Klarheit besitzen.

Zusammenfassend würde folgendes zu sagen sein: Lacertilia
und Rhynchocephalia sind die am tiefsten stehenden Reptilien und
in der Höhe der Entwickelung im großen und ganzen einander
gleichwertig, indem bei den einen bald diese, bei den anderen
bald jene Faktoren ihres morphologischen Baues tiefer oder höher
entwickelt sind. Die Streptostylie der ersteren ist als Beibehaltung
eines primordialen Zustandes, die Monimostylie der letzteren als
eine sekundäre Differenzierung aus ursprünglicher Streptostylie zu
beurteilen. Eine Ableitung der Lacertilier von rhynchocephalier-
artigen Vorfahren wird durch das morphologische Verhalten beider
Abteilungen nicht unterstützt, wohl aber entspringen beide dem-
selben gemeinsamen streptostylen Stamme, welcher als die mehr
oder minder direkte Fortsetzung der hypothetischen Proreptilia

604
 
Annotationen