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Die Gartenkunst — 30.1917

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Heicke, C.: Die XXIX. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst E. V. Würzburg, 28. bis 30. Juli 1917
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etwas geschehen kann und der bei früherer Ge-
legenheit der Gesellschaft in Aussicht gestellt hat,
sie bei der Regelung von Ausbildungsfragen zu
hören. Die Gesellschaft muß sich dafür einsetzen,
daß auch an dieser Stelle das Problem in seiner
ganzen Bedeutung erkannt und die zunächst zu
ergreifenden Maßnahmen in ihren Einzelheiten
dadurch bestimmt werden.

Die Versammlung stimmt diesem Verlangen
zu und ermächtigt den Vorstand, im Sinne dieser
Ausführungen die ihm geeignet erscheinenden
Schritte zu unternehmen.

Punkt 8: Satzungsänderungen. Es wur-
den die in der Tagesordnung enthaltenen An-
träge des Vorstandes auf Satzungsänderungen,
von denen die wichtigste die Ablösung der
jährlichen Beitragspflicht durch einmalige Zah-
lung von 500 Mark vorsieht, einstimmig an-
genommen.

Punkt 9: Bestimmung des Ortes der
nächstjährigen ordentlichen Hauptver-
sammlung. Die Versammlung beschloß aus den
gleichen Erwägungen wie in den beiden Vorjahren
es dem Vorstand anheimzugeben, im Benehmen
mit dem Ausschuß den nächstjährigen Tagungs-
ort unter Berücksichtigung der sich aus der all-
gemeinen Lage ergebenden Verhältnisse zu be-
stimmen.

Den Abschluß der Sitzung bildete die zu-
rückgestellte Besprechung über Maßnahmen
und Erfahrungen bei der Kriegergräber-
fürsorge.

Hierzu sprachen Gartendirektor Bromme,
Oberleutnant und Mitglied des Kunstbeirates im
Generalgouvernement Warschau, und Garten-
architekt W. Hirsch, Vizefeldwebel, Gartenarchi-
tekt für Kriegerfriedhöfe bei der Kaiserlich
deutschen Kommandantur Warschau. Beide
Herren waren wie auch im Vorjahre auf Ver-
anlassung des Kgl. Kriegsministeriums zur Teil-
nahme an der Hauptversammlung entsandt,
außer ihnen noch Gartenarchitekt Luserke, Leut-
nant und Mitglied des künstlerischen Beirates
für Mazedonien und Gartenarchitekt Hans Mar-
tin, Sanitätsunteroffizier und Gartenarchitekt
für Kriegergräber in Königsberg i. Pr.

Herr Bromme berichtete über die Krieger-
gräberfürsorge im Generalgouvernement War-
schau. Er gab einen Überblick über die Glie-
derung der Arbeiten eines Gräberverwaltungs-
bezirkes draußen: Aufnahme und listen- und
kartenmäßige Festlegung der Gräber, Schrift-
verkehr mit den Truppenteilen, der Unterkunfts-
abteilung des Kriegsministeriums und den An-
gehörigen zur Feststellung der Personalien der
Bestatteten und zur Ergänzung der Toten- und
Gräberlisten; ferner Umbettungen, Gräberaus-
stattung und -Sicherung und photographische
Aufnahme. Mit letzteren setzt zugleich die künst-
lerische Tätigkeit ein, wobei die Arbeiten des

Gräberverwaltungsoffiziers mit denen des Fried-
hofgestalters in engem Zusammenhang stehen
müssen, wenn die Gräberfürsorge von dauerndem
Werte sein soll. Die anfänglich herausgekom-
menen Verfügungen und Anweisungen haben
sich aus Mangel an Erfahrung nicht durchweg
als zweckmäßig oder durchführbar erwiesen. So
ist z. B. der Grundsatz „der Soldat soll da ruhen,_
wo er fiel" zwar pietätvoll, aber die Umbettungen
haben doch den wesentlichen Vorteil, daß über
zahlreiche Vermißte zuverlässige Feststellungen
erfolgen können; ferner bringt die Anlage oder
Beibehaltung vieler zerstreut liegender Begräb-
nisstätten und kleiner Friedhöfe weitläufige
Kleinarbeit, erschwert die Aufsicht und bedeutet
auch in künstlerischer Beziehung einen Ver-
zicht auf wirkungsvolle Gestaltungsmöglich-
keiten.

Seit der Hauptversammlung in Kassel sind
in der Gräberfürsorge Polens durch energische
Arbeit, organisatorische Zusammenfassung der
Tätigkeit aller Gouvernements und künstlerische
Beeinflussung wesentliche Fortschritte erzielt.
Da es im Vorjahr jedem Militärgouvernement
noch überlassen war, die Friedhofsfürsorge nach
eignem Ermessen, mit oder ohne einschlägige
Fachleute und in vorläufiger oder endgültiger
Ausgestaltung durchzuführen, hielt es nur ein
Teil der Gouvernements für erforderlich, sich
sachverständige Mitarbeiter (Gartenarchitekten,
Architekten, Bildhauer) zu sichern, soweit es eben
gelang, im Heeresdienst stehende Leute heran-
zuziehen, mitunter ohne hinreichende Feststel-
lung über die Eignung der Betreffenden.

Fast überall war eifrig, aber recht verschie-
denartig eingerichtet und gearbeitet worden.
Dieser und jener Friedhof konnte unter Mitwir-
kung von Militärbehörden und Geistlichkeit ge-
weiht werden. In den Hauptkampfgebieten, wo
Zehntausende an Toten zu bestatten, viele erst
aus Sümpfen, Wäldern und alten Stellungen zu
bergen waren, nahmen die Vorarbeiten und das
Sammeln der Leichen die Kommandos haupt-
sächlich in Anspruch. Der Fachmann wurde oft
erst hinzugezogen, wenn die Umbettungen be-
reits erfolgt und die „endgültige" Ausstattung
mit Grabzeichen u. a. schon „fertig" oder in
bestem Gange war. Naturgemäß mußte er sich
dann mit vielem abfinden und konnte häufig nur
durch die Gediegenheit weiterer Ausstattungs-
mittel den Eindruck solcher Friedhöfe verbessern.
Es lag nahe, daß sich die Gestalter, ganz gleich
welcher Berufsart, hierbei an die Formen bürger-
licher Begräbnisstätten der Heimat anlehnten,
die bei der heutigen Auffassung über Friedhofs-
kunst eine gewisse Vielseitigkeit der Lösungen
immerhin aufweisen.

Allgemein wurde aber das Fehlen einer ver-
ständnisvoll überwachenden Hauptstelle emp-
funden, die sowohl vorhandene Hemmungen zu

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