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Sammlungen 1936, Seite 141 ff.) dem Lucas Cranach versuchsweise
zugeschrieben hat, kommen selbst als Kopien nach antiken Vor-
lagen für unseren Meister nicht in Frage. Aus ihnen spricht eine
weit sachlichere Natur. Als Zeugnis aber für die Wirkung Cranach-
scher Kunst auf zeitgenössische Wiener Meister sind die Filocalus-
kopien von beachtlichem Interesse. •

Die Zeichnungen der frühen Wittenberger Jahre

(1505-1509)

Um die Wende des Jahres 1504 auf 1505 erfolgt mit der Beru-
fung Cranachs nach Wittenberg der erstaunliche Wandel seiner
Kunst. Der Künstler verließ den urwüchsigen, entwicklungsfähigen
Boden der österreichischen Lande, um sich in einem verhältnismäßig
kulturarmen Gebiet niederzulassen. Die exponierte Stellung, die
Cranach von nun an am östlichen Rande des deutschen Reiches
einnahm, entfernte seine Kunst von dem Schauplatz in Süddeutsch-
land und Oesterreich, auf dem sich die Großtaten der deutschen
Kunst abspielten. Cranach vermochte sich nicht der nüchtern-bür-
gerlichen Atmosphäre des sächsischen Hofes zu entziehen. Seine
nach 1505 entstandenen Werke werden ruhiger gegenüber den Lei-
stungen der vorangegangenen Epoche. Seine Gemälde, Holzschnitte
und Zeichnungen gewinnen an Klarheit und Prägnanz der Gestal-
tung, geben aber dafür einen großen Teil des Reichtums an innerem
Leben preis.

In den frühen Wittenberger Gemälden wird der Verlust schon
deutlich, während die schönen Holzschnitte dieser Jahre sich noch
am besten an die Leistungen der süddeutschen Tätigkeit anschlie-
ßen lassen. Die erhaltenen Zeichnungen der Jahre 1505—1509 liegen
gegenüber den Holzschnitten in einer geringen Anzahl vor. Dennoch
gewähren sie uns einen Einblick in den Entwicklungsgang Cranach-
scher Linienkunst.

Die Kreuzigungszeichnung in Cambridge (Kat. 8) scheint der
ersten Wittenberger Zeit anzugehören, da sie trotz des sichtlichen
Anschlusses an die beiden frühen Kreuzigungsholzschnitte (Geisberg
Nr. 558 u. 599) deren urwüchsige Frische und temperamentvollen
Gehalt keineswegs erreicht. Gab Cranach in dem Münchener Ge-
mälde der Kreuzigung von 1503 ein Höchstes an Ungewöhnlichkeit
und Format, so ist er mit dieser Darstellung in das altbekannte
Schema zurückgefallen. In demselben Maße, in dem die elementar
hervorbrechende Dramatik des Bildes eine Abschwächung erfährt,

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