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ristik. Cranach verbindet in allen diesen Blättern Deckfarben mit
Wasserfarben, aber auch die spitze Feder findet Verwendung, so-
bald es gilt, eine scharfe Umrißlinie zu geben. Die Dresdener Wild-
schweinblätter sind zu sehr „Porträt", um mit den momentan ent-
standenen Darstellungen auf der Berliner Zeichnung unmittelbar
verglichen werden zu können. Eine gewisse Eintönigkeit der Stel-
lung und Auffassung läßt sich bei ihnen schwerlich hinwegleugnen.
Am besten gefällt Cranach in seinen Vogelstudien (Kat. 72—74), da
er dort mit erstaunlicher Liebe sich in den Reiz eines farbigen Ge-
fieders vertieft. Paarweise sind die Vögel — Männchen und Weib-
chen zusammen geordnet — mit feinen Federn an einem in der
Wand befestigten Nagel aufgehängt. Mit solchen reizvollen Stilleben
schmückt Cranach in der Art niederländischer Genrebilder seine
Tafelkompositionen aus. So finden wir eine ganze Reihe solcher
Vogeldarstellungen auf den Gemälden „Herkules und Omphale"
(Friedländer-Rosenberg Nr. 224—226) und „Die Bezahlung" (Fried-
länder-Rosenberg Nr. 236) als dekorative Bereicherung des Hinter-
grundes wieder. Wie produktiv Cranach auf dem Gebiete der
Vogeldarstellung gewesen ist, beweist die Stelle in Dr. Scheurls
Rede von 1508: „Zu Torgau hast du Hasen, Fasanen, Pfaue, Reb-
hühner, Enten, Wachteln, Krammetsvögel, wilde Tauben und an-
deres Flügelwerk aufgehängt." Mit dem Eifer eines Zoologen
scheint sich Cranach an die Darstellung der gefiederten Welt be-
geben zu haben. Mit treffenden Worten hat Friedrich Winkler in sei-
nem Aufsatz „Die Bilder des Wiener Filocalus" (Jahrb. d. Pr.
Kunsts. 1936, S. 141 ff.) auf die wenig bekannten Tierdarstellungen
Cranachs hingewiesen. Er nennt seine Leistungen auf diesem Gebiet
„Das Schönste, was die altdeutsche Kunst an Tierzeichnungen
neben Dürer hervorgebracht hat". Und dies kann ohne Uebertrei-
bung von dem phantasievollen Tierbildner Cranach behauptet werden.

Die Cranach-Zeichnungen der letzten Jahre

(seit 1530)

Die Cranachzeichnungen nach 1530 sind ungeheuer schwer
einem Entwicklungsbild einzuordnen, da sie in Qualität und Bestim-
mungszweck erstaunliche Unterschiede aufweisen. Cranach hat bis
in seine letzten Jahre in konservativer Gesinnung an seinem Zei-
chenstil festgehalten, der sich schon im ersten Jahrzehnt ausgebildet
hat. Neben künstlerisch belanglosen Werkstattdirektiven tauchen

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