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aufgesetzten breitrandigen Federbarett. Mit locker sich kräuseln-
den Linien sind Bäume und Sträucher behandelt, breiter und ent-
wickelter noch als auf den vorangegangenen Zeichnungen in Dres-
den. Das Blatt wird zweifellos kurz vor 1526 entstanden sein.

In dieselbe Zeit gehörig ist der Predellenentwurf „Christus am
Oelberg" in der Albertina in Wien (Kat. 48), der von Otto Benesch
ausführlich gewürdigt wurde, so daß sich ein nochmaliges Eingehen
auf diese Zeichnung erübrigt.

Dieser Reihe von Zeichnungen schließt sich mit einem gewissen
zeitlichen Abstand der große, in Weimar befindliche Entwurf mit
dem „Martyrium des Heil. Julian" an (Kat. 49). Auf einem Blatt wer-
den nach mittelalterlicher Tradition mehrere Szenen aus dem Leben
und Leiden des Heiligen vereinigt. Kräftige, breite Büsche geben der
Fläche rhythmische Gliederung und dienen gleichfalls dazu, die ein-
zelnen Szenen unauffällig voneinander abzusondern. Das Buschwerk
ist härter und drahtiger gezeichnet als auf der sonst stilistisch über-
einstimmenden Adam- und Evazeichnung in Dresden, die mehrere
Jahre früher entstanden zu sein scheint. Mit diesem Blatt haben wir
die Grenze zu dem beginnenden Spätstil des Meisters schon über-
schritten.

Vom Ende des Cranachstiles der mittleren Zeit

Aus den Jahren 1527—1530 sind eine größere Anzahl von Hand-
zeichnungen Cranachs erhalten, die mit ziemlicher Sicherheit zu
datieren sind und trotzdem sich überraschend konträr gegenüber-
stehen. Auf den meisten Blättern finden wir die feine spitze Linie
wieder, die die Gestalten in fortlaufendem Zuge scharf umreißt. Von
der modellierenden Lavierung ist in demselben Maße wie auf den
früheren Blättern ausgiebiger Gebrauch gemacht. Daneben tauchen
aber überraschend freie, bisweilen kühne Skizzenblätter auf, die das
Gegenteil der bisher geübten Zeichenweise Cranachs darstellen.
Die Feder fliegt in eiliger Hast über das Papier und entwirft in brüsk
abgesetzten, immer wieder aufgenommenen Strichen ein nervös hin-
und herzuckendes Linienbild von geradezu leidenschaftlicher Un-
ruhe und Erregung. Ich glaube gerade in diesen — später zu be-
sprechenden - - Blättern einen Wandel der Zeichentechnik erkennen
zu können, der allerdings nur dann in Erscheinung tritt, wenn der
Meister seine Gedanken erstmals zu Papier bringt. Die exakt aus-
geführten Entwürfe, die direkt zur Uebertragung bestimmt sind,
unterscheiden sich von dem bisher üblichen Cranachstil nur wenig.

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