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blanke Schwert, in der Rechten das abgeschlagene Haupt des Holo-
fernes. Ausgeführt ist nur der Kopf der Judith mit dem Barett, das
andere ist leicht skizziert, der Kopf des Holofernes nur in Umrissen
angedeutet. Die Judith erinnert im Typus stark an die Salome des
1513—1515 entstandenen Holzschnitts der „Enthauptung Johannes
des Täufers" (Lippmann 27).

Die Darstellung ist wohl mit dem umseitigen Hlg. Georg, der
sorgfältiger behandelt ist, gleichzeitig entstanden. Der Holzschnitt
mit dem Drachenkampf des Hlg. Georg, der nach Flechsig um 1512
anzusetzen ist, steht dem Dessauer Silberstiftblatt inhaltlich außer-
ordentlich nahe, so daß ich glaube, die beiden Darstellungen auch
zeitlich nicht allzu weit voneinander trennen zu dürfen. Das feine
Silberstiftblatt ist voller dekorativer Reize und übertrifft an Linien-
adel die in dem Holzschnitt gegebene Darstellung. Mit besonderer
Freude vertieft sich Cranach in die Wiedergabe der spiegelnden
Rüstung von Reiter und Pferd und in den ornamentalen Reichtum
der gestickten Schabracke. Für das Auge kaum wahrnehmbar tritt
der landschaftliche Hintergrund — in wenigen Strichen angedeutet —
hinter der geschickt komponierten Gruppe von Ritter und Drachen
zurück.

In Dessau befindet sich eine weitere Cranachzeichnung, die 1513
datiert ist und die „Hlg. Margaretha" (Kat. 24) darstellt. Ueber
einem naturalistischen Sockel, auf dem der Drache sitzt, erscheint
in Halbfigur die Heilige inmitten einer weiten Landschaft. Es ist
schon lange erkannt worden, daß die Federzeichnung auf den Holz-
schnitt des Wittenberger Heiligtumsbuches von 1509, der die Reliquie
der Hlg. Margaretha darstellt, zurückgeht. Das Dessauer Blatt, das
den Holzschnitt an künstlerischem Wert übertrifft, kommt infolge
der unzweideutigen Datierung als Vorzeichnung für diesen nicht in
Frage. Cranach hat also nach seinem eigenen Holzschnitt die Figur
der Hlg. Margaretha noch einmal gezeichnet und sie durch eine
Landschaftskulisse bereichert. Gegen das Dessauer Blatt sind nicht
zuletzt aus diesem etwas merkwürdigen Umstand Zweifel vorge-
bracht worden. Gewisse charakteristische Merkmale sprechen die
Dessauer Zeichnung doch Cranach zu, zudem ist uns kein Meister
des Cranach-Kreises um 1513 bekannt, dem eine solche Leistung
zuzutrauen wäre. Am ehesten kämen die Randzeichnungen zu dem
Gebetbuch des Kaisers Maximilian für einen Vergleich in Betracht,
doch verraten gerade diese Blätter einen etwas zögernden, peinlich-
gewissenhaften Strich gegenüber der kräftigen Feder, die sich auf
dem Dessauer Blatt auslebt. In der Darstellung des Baumes am
rechten Bildrand der Zeichnung und der weiten Landschaft, die in
flüchtigen, breiten Linien entworfen ist, verrät sich Cranachs Hand-
schrift am deutlichsten. Man vergleiche daraufhin einmal die

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