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unter ein paar mächtige Eber, stand vor mir im kühlen Schatten der hohen Eichen nächst dem Au-
hofe, während (ich das Hochwild vor der herrschenden Hitze in die engeren, schattenspendenden
Bergspalten zurückgezogen hatte, und so bot sich mir gleich ein Vorgeschmack alles dessen, was im
Bilde darzustellen mir übertragen war. Da es sich hier vorzugsweise um den Wald und seine
Bewohner, weniger um malerische Veduten handelte, so galt es zunächst, Leben und Charakter der
in ihrer Naturwüchsigkeit wunderbar erhaltenen Waldparcelle treffend wiederzugeben, ohne durch
subjective Zuthaten der reizvollen Naturwahrheit Eintrag zu thun. Als Grundelemente der maleri-
schen Darstellung waren gegeben: das Terrain, die Baumcharaktere, die Erscheinung der Natur in
den verschiedenen Jahreszeiten, die Bewohner des Thiergartens: das Schwarz- und Rothwild, und
endlich die Verwerthung des Parkes in Bezug auf die Forstwirthschaft. Daraus setzte ich die Motive
meiner Bilder so zusammen, dass sie in ihrer Gesammtheit einen Ueberblick des Thiergartens gewähren
und, ihrer Anordnung nach, gleichsam einer Wanderung durch dessen bedeutendste Partien ent-
sprechen. Franz v. Paufinger, den bekannten tresflichen Charakterdarsteller des Wildes, wählte ich
für die Staffirung meiner Bilder, da im Hinblick auf den Zweck des Thiergartens der Staffage alle
nur mögliche Sorgfalt in Auffassung und Wiedergabe zugewendet werden musste.
Den Ausgangspunkt für das auf zwölf Blätter festgestellte Werk bot mir der Auhof bei Maria-
Brunn, welcher im Bilde durch Pausinger's, die Ausfahrt zur Jagd schildernde Stasfage belebt erscheint.
Die Reihe der Walclbilder beginnt erst mit dem zweiten Blatte der Darstellung, einer Partie beim
sogenannten Stegthore. Ein paar alte knorrige Eichen; eine Buche, welche erst die Blattknospen an
ihren Zweigen trägt; dahinter die sanften Linien eines gelichteten jungen Waldes; im Vordergrunde
eine kleine Brücke, über welche weg ein paar Reiter sich dem Reitsteige längs der Mauer zuwenden, und
einige Leute, welche gefällte Stämme bearbeiten, bilden das einfache, in die Stimmung eines hellen
Apriltages gesetzte Motiv. Wandert man sodann die links hinanführende Strasse weiter und passirt
dabei einen kleinen mit Rusten und Buchen bestandenen Hügel, so gelangt man zum Grünmierteiche,
dem beliebten Trink- und Badeplatze der vierbeinigen, gehörnten und ungehörnten Bewohner des
Wildparkes, welchem ich das Motiv zum dritten Bilde entlehnte. Westwärts gelangt man bald zur
sogenannten „Königklofierschüü", einem freien Plätzchen inmitten hübscher Buchenbestände. Links
sind kleine eingeplankte Pferche, in welche die Schweine eingebracht werden, wenn ein „Saujagen"
stattfindet. Für die Jäger sind „Saustände" errichtet — erhöhte Plätze, von welchen herab die aus
den Pferchen o-etriebenen Schweine erlegt werden. Das vierte Bild schildert nicht den bewegten
Vorgang einer solchen Jagd, sondern den eben bezeichneten Platz in Friedenszeiten, wo das Schwarz-
wild sich gemächlich der Ruhe erfreut. Jung und Alt des dunklen Völkchens treibt sich in gemüth-
lichem Durcheinander umher, theils den lehmigen Boden aufwühlend, theils sich an den nackten
Baumstämmen reibend. In dem fünften Bilde erklimmen wir den Johannserkogel, auf dem sich alte,
bärtige, zumeist durch Wind und Wetter ihrer Wipfel beraubte Tannen gruppiren. Es ist Winterszeit.
Schwerer Schnee hat sich auf dem Geäste der Bäume gelagert und ein paar gewaltige Eber mit ihren
Damen, den „Bachen", wühlen in den Schneemassen am Boden. Noch weltlicher erhebt sich „der
Brand", ein breiter mit Tannen und Buchen bekleideter Bergrücken, dessen reiche malerischen
Schätze mir die Wahl schwer machten. Eines Abends im Spätherbste wurde ich dort zufällig Zeuge des
Turniers, welches das publicirte Bild darstellt. Der Vollmond slieg eben zwischen den Wipfeln der
Bäume empor, als ich, zu Thal schreitend, das Aufeinanderschlagen der Geweihe kämpfender
Hirsche vernahm. Raschen Schrittes eilte ich mit meinem Begleiter, der das dröhnende, weithin hör-
bare Getöse wohl erkannte, der Stelle zu, indem wir uns, den Berg hinankriechend, möglichst
näherten. Bald aber witterten uns die Hirsche und stellten leider den Zweikampf ein.
 
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