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Galerie Schack.
Künstler selbst, welcher nach der naiven Art gar mancher alter Melster sich unter die Personen auf seine
Bilder zu Hellen liebte.' Auch die Nebenfiguren sind in eine lebendige und charakteristische Beziehung
zu dem Vorgange gesetzt: so das Söhnlein, das an den Rockfalten der Mutter hängt, aber kein Auge
vom Vater wendet; das Töchterchen, welches nach der reich geschmückten fremden Dame schielt; der
Burgpfafse, welcher die Hände saltet, um ein Dankgebet zum Himmel zu senden; schliesslich die beiden
dörslichen Schönen, auf welche die glänzende Erscheinung der Orientalin die grösste Anziehungskraft
ausübt. Solch' eine Klarheit und Harmonie in der Disposition der Figuren, solch' einen Rhythmus der
Linienführung und solch' eine geschlossene Bildwirkung hat Schwind nur in wenigen anderen Compo-
sitionen erreicht. Auch die Darsteilung des waldumschatteten Weges zu der im fernen Hintergrunde
hoch aufragenden Burg, gehört zu Schwind's reizendsten Naturschilderungen, dem ja die wahre
Romantik des Waldes ausgegangen war wie wenigen anderen Künstlern. Bei diesem Bilde ist es
ihm auch mehr als sonst, ja mehr als beim „Aschenbrödel" gelungen, „der spröden Technik der Oel-
malerei Herr zu werden";3 es ist recht saftig, fast kräftig gemalt, das Colorit hat das Aquarellartige,
welches Schwind's Farbengebung in der Regel innewohnt, glücklich überwunden und erreicht eine
feine wirksame Stimmung, wie sie der Künstler nicht oft erzielt hat.
Die ritterliche Romantik hat unseren Meister noch zu einer zweiten Perle der Galerie Schack
begeistert, einer ungleich kleineren, aber kaum minder reizenden und ebenso tief empfundenen Dar-
stellung: dem „Rosse tränkenden Einsiedler." Das weltabgeschiedene Leben des Einsiedlers, seine stete
und innige Berührung mit der Natur, mag Schwind besonders angemuthet haben, denn er ist, wie
erwähnt, oft auf cliese Figur zurückgekommen; auch wird sich der Meister mit seiner unentwegten
idealen Richtung gegenüber der in das Weltgetriebe eingreifenden Thätigkeit der Kaulbach und Piloty
gar oft als künstlerischer Einsiedler gefühlt haben. Auf dem besprochenen Bildchen tritt jedoch der
Einsiedler ebenso zurück wie der Ritter, den er beherbergt; nur den Reiz der einsamen heimlichen
Natur will der Künstler schildern. Und es ist nicht einmal eine reiche, auf die Phantasie wirkende Wald-
gegend, die er uns vorführt. Mitten zwischen schroffen, zerklüfteten Felsen, die nur spärlichen Baum-
wuchs gestatten, hat der Einsiedler seine Klause aufgeschlagen; ein schmaler Steg führt durch enge
Felsspalten zur Aussenwelt, und nichts unterbricht die lautlose Stille als der niederströmende kühle
Bergquell. Aber ein unsagbarer Zauber liegt in der Bodengestaltung und Linienführung, in den phan-
tastischen und doch naturwahren Formen der Felsen und dem belebenden Spiel des Lichtes. Diese
Composition, ursprünglich, wie wir gesehen haben, von dem Künstler raclirt, bedurfte kaum der Farbe,
um zur entsprechenden Wirkung zu gelangen, und in der That ist das Oelbildchen der-GalerieSchack,
das der Meister nachmals auf Grund seiner Radirung ausgeführt, derart behandelt, dass die Farbe als
nebensächliches Ausdrucksmittel erscheint.
Die anderen Bilder der Galerie Schack, welche ebenfalls in den Kreis der ritterlich-romantischen
Stosfe fallen, slehen an künstlerischer Bedeutung den besprochenen nach, sind aber gleichwohl in der
einen oder anderen Richtung interessant, zum minderten charakteristisch. So „Der Traum des Gefan-
genen," welch' schöne Composition aus seiner Jugendzeit Schwind, wie früher erwähnt, den gefangenen
„Grantikus" zu nennen pssegte. Unter dem auf seinem harten Lager im Kerker träumend ruhenden
Ritter, der plötzlich eine Schaar hilfbereiter Gnomen gewahrt, welche unter Führung ihres Königs die
Gitterstäbe durchfeilen, indess die Elfentochter mit einem Labetrunk niederschwebt, hat der seinen

J So sinden wir ihn in der „Symphonie" als Musikanten, dann aus dem ersten Blatte der „Sieben Raben" als Zuhörer, sein entschlasenes
Kind im Arme haltend, serner als ritterlichen Gast der schönen Melusine aus dem siebenten Blatte des Cyclus u. s. f.
2 Siehe Pccht's cit. Werk, S. 226.
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