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DIE PHOTOGRAVURE,


CHON 1824 hat Nicephor Niepce, dem wir eigentlich die Entdeckung der Photographie verdanken, mit
Hilfe des Lichtes Platten hergestellt, die unter der Presse des Kupferdruckers Abdrücke lieferten. Sein
Verfahren beruhte auf dem Principe, dass auf einer mit einem Asphaltüberzug versehenen Platte an den
vom Lichte wenig oder gar nicht getrossenen Stellen durch Baden mit ätherischen Flüssigkeiten der Asphalt-
überzug sich auflöst, aus den vom Lichte getrofsenen Stellen aber haften bleibt. Indem nun die blossgelegten Stellen
durch entsprechende Säuren geätzt und somit nach Art des Kupferstiches vertieft wurden, während die mit dem
Harzüberzug versehenen unberührt blieben, war eine drucksähige Platte zu erzielen. Diese ersten Versuche blieben
aber roh und mangelhaft und auch die nach Entdeckung des Photographirens auf Silberplatten durch Daguerrc
mehrfach gemachten Bestrebungen, die auf Silberplatten hervorgerufenen Bilder durch Aetzung in Tiefdruck-
platten zu verwandeln, hatten keinen namhasten Ersolg. Bedeutungsvoll wurde erst die von Mungo Ponton 1839
gemachte Entdeckung, dass ein mit doppeltchromsaurem Kali tingirtes Papier seine gelbe Färbung in ein der
Stärke des einwirkenden Lichtes verhältnissmässig entsprechendes Braun verwandelt, während das Präparat gleich-
zeitig unlöslich wird. Dieses Princip fand mannigfache Anwendung zu Zwecken der Reproduktion und liegt allen
jenen Verfahrungsweisen zu Grunde, welche man Lichtdruck, Pigment- oder Kohlendruck, Albertotypie und Photo-
glyptie nennt. Aus der weiteren Entdeckung, dass auch andere Substanzen organischen Ursprungs, wie: Eiweiss,
Gummi, Zucker und Leim, unter Einwirkung des Lichtes ihre Farbe modificiren, unlöslich werden und Druck-
farben annehmen, wurden sinnreiche Anwendungen der Photographie auf den Gebieten der Lithographie, Typo-
graphie und des Kupferstichs erschlossen, worunter die Photogravüre eine hervorragende Rolle spielt.
Die Photogravüre, deren sich jetzt die altberühmte Kunstverlagsfirma Goupil & Co. in Paris in ihrer gross-
artigen, unter der Leitung von H. Roitffelon slehenden artistischen Anstalt zu Asnieres bei Paris in grösstem Mass-
stabe zur Reproduftion von Kunstwerken bedient, beruht im Wesentlichen auf einer von Woodbury angegebenen
Anwendung des oben dargelegten Principes. Eine aus Chromgelatin, das heisst aus einer Mischung von doppelt-
chromsaurem Kali und Gelatine sorgfältig hergestellte Platte wird auf die Glasplatte, auf welcher sich das photo-
graphische Negativbild (die sogenannte Matrize) des zu reproducirenden Objeftes befindet, aufgelegt und dem
Lichte ausgesetzt. An allen jenen Stellen der Gelatineplatte, auf welche durch die Matrize hindurch das Licht
gefallen irr.,bleibt beim Waschen mit warmem Wasser ein der Intensität des durchgedrungenen Lichtes entsprechend
starkes Hochrelief von unlöslich gewordener Gelatine, indem sich die Masse von jenen Stellen der Gelatineplatte,
auf welche durch die dunkeln Stellen der Matrize hindurch das Licht nicht dringen konnte, loslöst und auf diese
Art Vertiefungen bildet. So gibt nach dem Waschen die Gelatineplatte ein Reliefbild des zu reproducirenden
Objeftes, welches sich durch den gewaltigen Druck einer mit Dampfkraft betriebenen hydraulischen Presse auf
eine etwa zwei Centimeter starke Platte aus sogenanntem Letternmetall, einer Legirung aus Blei und Antimon,
übertragen lässt, indem das Gelatinerelief in die Metallplatte hineingepresst wird und auf derselben einen wunderbar
scharsen und feinen Abdruck hinterlässt. Von der auf diesem Wege hergestellten Metallplatte lassen sich einerseits
Abdrücke mittelst Leimmasse machen, welches Verfahren in der Goupil'behext Anstalt, als sogenannte Photoglyptie,
sehr vervollkommnet wurde und Abdrücke liefert, die von den gewöhnlichen Photographien kaum zu unterscheiden
sind, andererseits aber kann von der Bleiplatte auf galvanoplastischem Wege eine Kupferplatte erzeugt werden,
welche so druckfähig ist wie eine von künstlerischer Hand gestochene. Letzteres Versahren ist die Photogravüre.
Es gibt mehrere Methoden zur Herstellung von Photogravüren, darunter das von PaulPretfch, einem Oester-
reicher, um 1854 erfundene, von dem Oesterreicher Leipoldt in Lissabon noch heute geübte Verfahren, das Relies-
bild durch Aufquellen der Gelatine mittelst kalten Wassers zu erzeugen; gegenwärtig aber sind die Leistungen der
Anstalt von Goupil & Co. besonders hervorragend, namentlich wegen ihrer eigenthümlichen Methode, das Korn auf
chemischemWege, durch einen Zusatz zur Gelatinemasse, zu bilden. Auf diesem Wege wurde das schwierige Problem,
die Halbtöne rein und zart wiederzugeben, glücklich gelöst. Durch das freundliche Entgegenkommen des Hauses
Goupil & Co. ist es uns möglich, in unseren Illustrationen: einem männlichen Bildnisse nach Franz Hals und einer
Büste „Der Frühling" von Frau L. Bertaux aus dem Salon von 1875 Proben der Go?ipil'(chen Photogravüre zu
bieten, welche von der hohen Vollkommenheit dieses in grossartigem Massstabe betriebenen und zu einer immer
steigenden Verbreitung gelangten Verfahrens Zeugniss geben.
Dr. E. H.

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