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einer Technik behandelt, welche der Unmittelbarkeit des modernen Empfindungslebens entspricht,
— und in der zweiten Strömung, die einem starken Zuge nach nationaler Sclbstbesinnung entspringt:
der modernen Romantik mit ihrer phantastischen Auffassung der realistischen Erscheinungswelt ein
urdeutsehes Kunstelement sich durchbricht, dann muss die Unpopularität andere Gründe haben — sie
liegen in derÜbergangszeit, nicht in derKunstweise der Gegenwart und ihren natürlichen Bedingungen.
Ein Zeichen der Übergangszeit ist es zudem, wenn die vorwiegende Kunstleistung sich um
wenige Hauptführer aufbaut, von denen die grossen Talente einer Weise erst herangezogen werden
und gebildet als eigentliche Träger der Popularität; wozu das Talent berufen ist, vermöge seines
harmonischen Compromisses zwischen der Weise der Tradition und den neuen Ideen. In der That
sind die schöpferischen Bahnbrecher niemals populär, und untersuchen wir die Berühmtheit des
Namens, zu der sie es freilich oft bringen, so sind vielfach andere Gründe Ursache des Ruhms als
sachliche. Ich möchte hier nur hinweisen auf Rembrandt und Jean-Jacques Millet, welche angesichts
ihrer Geltung am Lebensende schwerlich ahnten, wie tief sie die Zukunft erfasfen werde. Auch
Adolf Menzel möchte ich nennen, der in Deutschland und besonders in Berlin eine sich bis auf
Droschkenkutscher und Eckensteher erstreckende Popularität geniesst, weil ein Thcil seiner Bilder
die geseierte Friedericianische Zeit behandelt. Entgegen einer um wenige Jahre zurückliegenden
Zeit gilt es heute fall; für unanständig, den grossen Künstler nicht zu würdigen. Trotzdem aber, von
der Masfe überhaupt zu schweigen, welche Unkenntniss, welch' naives Missverstehen von Menzels
Grösse und Bedeutung für das Jahrhundert selbst bei angesehenen Fachleuten. Nicht Cornelius,
sondern Kaulbach ist dem Volk der verstandene Träger des deutsehen Classicismus, — nicht Menzel,
sondern Defregger, Knaus und Vautier die Vertreter des Realismus.
Die sich ziemlich schnell entwickelnde Popularität der modernen Kunst ruht nicht bei der radicalen
Exclusivität ihrer Führer, sie ruht bei einer stattlichen Anzahl in den letzten fünf Jahren gewachsener
grosser Talente, die eine normal-traditionelle Stosfwelt unter modernen Gesichtspunkten ansehauen
und damit die Brücke zwischen der alten und neuen Kunstweise schlagen. Die volksthümliche Art
eines Kirchbach, Marr, Robert Haug, Hugo Vogel, Hermann Allers sichert der modernen deutsehen
Kunst die Lebensfähigkeit ihrer
Absichten und ihres Könnens, sie
setzt die geniale Theorie in Thaten
um, auch für jene weiten Kreise,
deren schauende Beihilfe nöthig
ist, um eine Kunstströmung
lebendig zu erhalten.
Der Künstler, den wir hier
betrachten wollen, ist mit Allers
der Jüngste im Erfolg, — erst der
Münchner Salon vom Jahre 1890
lieh seinem langen und müh-
seligen Ringen die Schwingen
der Anerkennung, als sein »Ab-
schied« zur Ausstellung kam,
ein sentimentaler Vorwurf, der
Weise und Thoren in gleichem
Masse entzückte. Andere Werke
 
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