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Monaten für Dresden angekauft. Eine Anzahl kleinerer Tafeln der letzten Jahre slehen an Werth
nicht zurück, geben aber keine neuen Züge von Wichtigkeit für Haugs Künstlerart. Ist die Anzahl
der geschasfenen Hauptwerke auch nicht gross, so ist doch fast jedes einzelne von hoher Bedeutung,
und im Verein mit einer stetigen, stets zu höheren Resultaten aufzeigenden Entwicklung geben
lic der Hoffnung Raum, dass wir noch vieles Redeutende von dieser Charakterpersönlichkeit
erwarten dürfen.
Was Haug vor allen, theilweise viel fruchtbareren Mitstrebenden in der Geschichtsmalerei
auszeichnet: die charakteristische Innigkeit und Tiefe, lässt den lebenskräftigen Keim einer neu
präcisirten Auffasfung der Geschichte ahnen, — er kann, — möge er wollen und durch keinen
Erfolg sich lähmen lassen.
Die deutsehe Geschichtsmalerei der letzten zwanzig Jahre ist ein Baum mit slockenden Säften
gewesen, bei dem nur die alten, in der Vergangenheit haftenden Wurzeln gesund waren, während
der Stamm slechte. Die Pilotysche Richtung erslarb im Costüm, weil es ihr an philosophischer
Anschauung gebrach, das Düsseldorfer Geschichtsstück hatte ohnehin seine Glanztage lange hinter
sich und ward Schablone, der grosse Menzel hatte seine hislorische Periode abgeschlosfen, fand aber
keine unmittelbare Nachfolge, weil die billige Popularität einer schwindsüchtigen Richtung: die
Berliner Soldaten- und Staatsasitionsmalerei, mit mehr Erfolg und geringem Ernst der Arbeit die
Jüngeren blendete. Nur die Kriegsmalerei, das Lieblingskind des offlciellen Staats, schoss infolge des
deutsehen Einheitswerks üppig in Blüthe, hat aber trotz des Talents eines Adam, Camphausen,
Hünten, Bleibtreu wirklich grosse Thatcn, eine Richtung nicht zu schaffen vermocht.
Das Kunstideal der Jüngeren von grösserer Begabung sleht auf anderem Boden als dem des
historischen Sinns — die vielversprechenden Talente, welche dies Gebiet neben ihnen zu pflegen
versuchten, haben bis auf Rocholl schnell resignirt, weil sie die Zeit nicht erfassen konnten. Strenge
Sachlichkeit und Individualität hat Haug in starker Selbstzucht zu Kunstwerken verschmolzen, die
einem Gebiet, einer Specialität angehören, deren Grundmomentc aber entwicklungsfähig zu einer
Richtung sind. Sie vergesse über der geschichtlichen Treue nicht, dass das persönliche Moment
handelnder und leidender Menschen überhaupt erst den Werth der Geschehnisse bestimmt.

Franz Hermann (Meissner).
 
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