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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 29.1906

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Tikkanen, Johan Jakob: Die Kunst in Finnland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4255#0039
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Albert Edelfelt, »In den Scheren«

Nach dem Ölgemälde in der Galerie zu Helsingfors.

DIE KUNST IN FINNLAND.

Wie die Entstehung der norwegischen Kunst so hängt auch die der flnnländischen mit den
politischen Umwälzungen zusammen, welche im Anfang des vorigen Jahrhunderts den beiden
nordischen Völkern ein neues, im Grade der Selbstbestimmung freilich sehr verschiedenes,
staatliches Dasein gaben. Nur liegen in Finnland Ursache und Wirkung zeitlich weiter auseinander,
weil der Entwicklungsprozeß, den bescheideneren Verhältnissen entsprechend, hier etwas lang-
samer war.

Zur Zeit der russischen Eroberung und noch lange nachher existierte die flnnländische Kunst
in höherem Sinne nicht einmal als geträumte Möglichkeit bei den wenigen, welche damals in
Finnland den idealen Wert der Kunst theoretisch zu schätzen wußten. Zwar wurde es eine fast
unmittelbare Folge der veränderten politischen Stellung des Landes, daß ein deutscher Architekt,
J. C. L. Engel (1778—1840), der Studiengenosse Schinkels, in einem klassischen Empirestil seit
1816 in Helsingfors die öffentlichen Gebäude aufführte, welche bis auf den heutigen Tag der
neuen Hauptstadt Finnlands ihr Gepräge verliehen. Es dauerte aber bezeichnenderweise mehr als
ein Vierteljahrhundert nach seinem Tode, ehe man von flnnländischen Architekten sprechen konnte.

Um die Zeit der russischen Eroberung war die volkstümliche Kirchenmalerei endgültig
erloschen, welche seit der Einführung des Christentums in aller Anspruchslosigkeit gelebt, nach
dem bilderfeindlichen Zeitalter der Reformation in den entlegensten Gegenden Finnlands wieder
aufgelebt und im XVIII. Jahrhundert ihre letzte Blüte gehabt hatte. Jene ländliche Kunstübung

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