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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 29.1906

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Clément-Janin, ...: J. F. Raffaëlli als Radierer
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https://doi.org/10.11588/diglit.4255#0096
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Im Jahre 1878 hatte Bracquemond eine farbige Radierung »Die Fasanen« geschaffen, die vom
10. April bis zum 11. Mai 1879 in der Avenue de l'Opera ausgestellt war, ebendort, wo später
die erste Ausstellung Raffaellis stattfand. Das Blatt zeigte zwei junge Frauen im Pariser Tiergarten,
die eine in Schwarz, die andere in Weiß gekleidet, die beide das muntere Treiben der gold-
gefiederten Vögel betrachteten.

Diese Radierung war mit fünf übereinander gedruckten Platten hergestellt und, vom technischen
Standpunkte aus betrachtet, eine echte farbige Radierung. Korn und Nadelstrich waren vermischt,
aber die Arbeit der Nadel überwog. Was den so erzielten Frfolg anbelangte, so konnte man darüber
streiten. Die Farbe war nur gewissermaßen ein äußerlicher Zuwachs, kein wesentlicher Bestandteil
des Ganzen, und das Blatt, das zuviel von Weiß und zuviel von Schwarz aufwies, zeigte sich als
die Arbeit einer geschickten Hand, der aber ein Auge diente, das nur in schwachem Grade Gefühl
für die Farbe hatte.

Fast zwanzig Jahre später, 1897, -- der lange Zwischenraum beweist, wie geringen Reiz für
Bracquemond die Farbe hat, - - erschien sein zweites farbiges Blatt, der »Regenbogen«, auf der
Ausstellung der »Maler-Radierer« an der Seite eines schwarzen Druckes, der übrigens schon früher,
1893, im Salon der Societe Nationale zu sehen gewesen war. Dieses Mal hatte Bracquemond ein
neues Verfahren versucht: die Färbung war auf lithographischem Wege hergestellt worden. Die
farbige Radierung hatte sich aber inzwischen schon weit verbreitet und der »Regenbogen« ist nur
bemerkenswert eben durch die erwähnte Art der Verwendung der Farbe.

In den Jahren 1881 und 1882 hatte Felicien Rops für die Verleger Gay und Donce den kleinen
Anschlagzettel der »Königinder Freude« (1881) und das Titelblatt der »Andachtsübungen« (1882)
ausgeführt. Es gibt von diesen beiden Blättern farbige Drucke, die durch Übereinanderdrucken
mehrerer Platten hergestellt sind, doch die gewöhnliche Auflage ist in Schwarz. Die Farbe tritt
außerdem bei diesen Blättern ganz an zweite Stelle.

Im Jahre 1886 erregte auf dem Salon des Artistes Francais ein Blatt Henri Guerards, »Im
Garten«, eine farbige Radierung nach dem eigenen Gemälde des Künstlers, in der graphischen
Abteilung großes Aufsehen und fast ebenso großes Ärgernis. Die Neuheit des Verfahrens machte
die Stecher der alten Schule mißtrauisch, so daß sie nichts weniger verlangten als die völlige Aus-
schließung der Farbe und eine ausdrückliche Änderung der Vorschriften in diesem Sinne.

Um 1889 übertrug Gaujan das Bild eines kleinen Kindes von Louis Deschamps in farbiger
Radierung und in demselben Jahre waren von Henri Guerard bei den »Maler-Radierern« in den
Sälen Durand-Ruels vier farbige Radierungen zu sehen: »In den Ähren«, »Schlächterei«, »Carmen«
und »Le Moulin de la Galette«. Im folgenden Jahre, 1890, brachte die Ausstellung derselben
Gesellschaft von demselben Künstler das Blatt mit dem bezeichnenden Titel »Jean Raimond
Guerard, Geschichte einer farbigen Radierung«, eine Folge von drei zum Übereinanderdrucken
bestimmten Blättern, die das stückweise Entstehen des endgültigen Blattes zeigten, daneben die
zwei Blätter »Pfirsiche und Trauben« und »Bartholo«. 1891 stellte er noch aus die »Rose« und die
»Theerose«.

In diesem Zeitpunkte konnte man sagen, daß die farbige Radierung wieder erfunden worden
sei. Und wirklich sehen wir im nächsten Jahre, 1892, und zwar wieder bei den »Maler-Radierern«,
Charles Maurin mit neun Blättern erscheinen, von denen fünf, »Erstes heiliges Abendmahl«, »An-
sicht von Paris«, »Nachtstück«, »Kinderbildnis« und der »Raucher« (das letztgenannte Blatt war
als »Zink in Farben« verzeichnet), von einer bemalten Platte gedruckt schienen, während die vier
übrigen, »Garten«, »Schwester vom heiligen Vinzenz de Paula bei der Messe«, »Karten-





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