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I

In jenen Universitätsjahren
sind also drei Dutzend vorläufig
noch harter, kleiner Radierungen
entstanden, noch ganz auf Umriß
und Linie gestellt, schwarz ge-
druckt und handkoloriert. Im
Künstlerhaus, wo sie ausgestellt
waren, fanden sie Beifall. Dieser
erste kleine Erfolg wurde zum
Wegweiser, als Zeiten wirtschaft-
licher Xot hereinbrachen und
das weitere Medizinstudium als
aussichtslos erscheinen ließen.
Figura wendet sich also der künst-
lerischen Lautbahn zu, zunächst
dem aufblühenden Kunstge-
werbe. Er kalligraphiert und illu-
striert oder bindet Bücher, macht
Batiken und Lederarbeiten, die
ihm, dem Autodidakten, nicht
übel gelingen. Aber auch in der
Radierkunst erringt er einige Ver-
vollkommnung; er druckt die
nächsten Blätter, Motive aus dem
Salzkammergut, schon unmittel-
bar farbig von der Platte. Im
Sommer 1923 erweitert er seinen
Gesichtskreis durch eine Reise an

die norddeutsche Wasserkante, Hans Figura, Paris, St. Etienne du Mont. Farbige Radierung.

wo er sich begeistert am Anblick der Schiffe mit ihrem komplizierten Takelwerk — einem Motiv,
das er seither wiederholt dargestellt hat. Aber die entscheidenden Blätter sind dennoch der öster-
reichischen Heimat gewidmet: »Rollfähre bei Ybbs« und »Fischerboote«. Die Farben sind auch
hier unmittelbar von einer Plattenserie weg auf das Papier gedruckt. Aber damit nicht genug; die
neue malerische Auffassung triumphiert hier völlig über die zeichnerische, jeder schwarze Strich
ist ausgeschaltet. Die spitze Radiernadel weicht dem schmiegsamen Pinsei, welcher der Ätzsäure
den Weg durch den feinkörnigen Überzug zur Kupferplatte öffnet oder schließt. Die flächige Härte
und Sprödigkeit der Farbradierung wird so, ohne Zuhilfenahme zeichnerischen Gestricheis,
möglichst aufgehoben, indem jeder farbig getönte Fleck oder Streifen von Millionen winziger
Lichtpunkte durchzittert, losgelöst im Räume schwebend erscheint. Diese »Aquatintatechnik«
wendet Hans Figura, nun endlich von durchschlagendem Erfolge gekrönt, in den Jahren 1925
und 1926 auf die Blätter nach Reiseskizzen in Venedig, Sizilien und Südtirol an. Es ist klar, daß
ihm auf diesem Punkte seiner Entwicklung der westliche Impressionismus naheliegen mußte. So
kommt es 1926 zur ersten Pariser Reise, mit welcher sein Auslandserfolg beginnt. Es entstanden 1926
Blätter aus Paris und Chartres, aber auch aus den Dolomiten, vom Großglockner, vom Wörthersee;

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