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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Seyler, Alfred: Neues zu Gerard Janssen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0009
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ALFRED SEYLER / NEUES ZU GERARD JANSSEN

Vor einigen Jahren gelangten zwei signierte Originalplatten des 1636 in Utrecht geborenen,
seit 1662 in Wien tätigen und dort 1725 verstorbenen Gerard Janssen in den Besitz der
Graphischen Sammlung in München. Die Zahl seiner bekannten und anscheinend seltenen gra-
phischen Arbeiten, die sich bisher auf nur sieben belief, erhöht sich dadurch erfreulicherweise;
außerdem sind die Platten geeignet, auf die Technik des Meisters ein neues und klärendes Licht
zu werfen.

Der am ausführlichsten bei Nagler, Monogrammisten II, 3100, angeführten Reihe fügen wir
hinzu:

8. Das Herrnhaus und die Farm amWasser. Platte 210: 298. Bezeichnet in
Spiegelschrift: Gerard Jansen fecit 1717 (Abb. 1).

9. Rastende Hirten bei der Tränke. Platte 209: 298. Bezeichnet in Spiegel-
schrift: Gerard Janssen fecit (Abb. 2).

Die bildliche Wiedergabe macht eine eingehende Beschreibung überflüssig.

Beide Platten haben die nämlichen Maße und sind, entsprechend der Verteilung des Archi-
tektonischen und Landschaftlichen, offenbar als Gegenstücke gedacht.

Blatt 8 ist insofern von besonderem Interesse, als es das frühest datierte unter diesen Werken
des damals schon mehr als achtzigjährigen Meisters ist; auf anderen finden sich die Jahres-
zahlen 1718 und 1722. Zugleich zeigt diese Arbeit ein Motiv in erster Fassung, das Janssen
fünf Jahre später wieder aufnimmt und in charakteristisch anderer Weise ausgestaltet.

Auf Blatt 4 der Reihe (Landschaft mit seichtem Wasser im Vordergrunde, welches zwei
Reiter passieren wollen. Auf dem jenseitigen Ufer Tempelruinen . . . Abgeb. in Mitteilungen
der Gesellschaft für vervielf. Kunst, 1914, S. 10) begegnen wir den gleichen Reitern, die eben
im Begriffe stehen, vom diesseitigen Ufer aus ins Wasser zu gehen, durch das ein Hirt mit
langem Stab seine Herde von fünf Rindern bereits hindurchgetrieben hat. Das Herrnhaus, die
kleine mit einem Zaun eingefriedigte Farm und die genrehaften Motive von Bl. 8: die lebendigen
Gruppen der Frauen, die entweder im Fluß waschen oder diese Wäschestücke im Garten auf-
hängen, der jagende Hund, endlich der Fischer zur Linken, der sein Netz mit Kreuzbügel ins
Wasser läßt . . . haben später einem gelehrten Apparat weichen müssen: es werden die berühm-
ten drei Säulen des Jupiter Stator-Tempels in Rom, sowie andere antike Ruinen beschworen.
Der Aufbau des Ganzen ist zwar straffer, der Gesamteindruck jedoch kaum glücklicher ge-
worden, jedenfalls aber dem Geschmack der Zeit mehr angepaßt.

Das Material beider Platten ist Eisen und bedingte im Gegensatz zum üblichen Kupfer eine
besondere Technik, die z. T. der des Harnischätzers entsprochen haben wird. Der Grund ist
auffallend vertieft, sodaß sich die Darstellung plastisch von ihm abhebt. Namentlich im nähern
Umkreis der Bäume, zwischen den Ästen und Blättern, sowie zwischen den Rasenbüscheln
des Bodens zeigen sich starke, durch die ätzende Säure hervorgerufene Granulierungen. Die
übrige „Luft" aber besitzt kein Korn, zum mindesten kein regelmäßiges. Einzelne Partien sind
aufgerauht, aber offenbar durch Einfluß des Rostes. So kommt im Abdruck das Ungleich-
förmige, Wolkenartige der Himmelsfläche zustande. Es erscheint jedoch unstatthaft, hier von
Aquatinta zu reden — wie dies mehrfach geschehen ist (zuletzt bei Thieme-Becker, Allg. Künst-
ler-Lex., XVIII, S. 415) — und Janssen gleichsam zum Vorläufer von Le Prince machen zu
wollen. Das Charakteristikum der Aquatintatechnik sind doch gerade die in verschiedenen Dich-
tigkeitsgraden, aber in sich homogen gekörnten Flächen. Man gewinnt angesichts dieser Be-
handlung des Grundes unbedingt den Eindruck, daß diese Arbeiten nicht für einen Abdruck in

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