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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Alfred Rethels letzte Holzschnittzeichnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0044
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Der Holzstock mit der Szene aus den Fröschen des Aristophanes sollte, wie aus dem mit-
geteilten Briefschluß vom 6. August hervorgeht, bis Ende des Monats schnittfertig sein. Planten
doch Rethel und seine junge Frau im Herbst für mindestens ein halbes Jahr nach Rom über-
zusiedeln. Rethel selbst gibt in dem Brief vom 4. August als Abreisetermin den 20. August
an.11 Die Fahrt wurde am 24. angetreten, ging über Hof, wo übernachtet wurde, zuerst nach
Nürnberg, von wo Marie Rethel am 25. August den ersten ihrer Reisebriefe an ihre Mutter
mit der Beschreibung des bis dahin Erlebten abschickte.12 Die Aufzeichnung der Aristophanes-
komposition dürfte also vor dem 24. August fertig gewesen sein; wenigstens erwähnt Marie
Rethel, die getreulich von den Arbeiten ihres Mannes in Rom nach Dresden berichtet, sie nicht
mehr.13 Sie muß vor der Abreise Bürkner übergeben worden sein, aus dessen Besitz sie von der
National-Galerie erworben wurde. Unverständlich bleibt uns, warum Bürkner es unterließ, den
Stock zu schneiden. Schien ihm Darstellung oder Ausführung schließlich für seine Publikation
ungeeignet? Fürchtete er, nachdem Rethel im Januar 1853 erkrankt war, ohne Korrektur
durch den Künstler die schwierige Aufgabe nicht meistern zu können ? Oder scheute er sich,
das Werk eines Künstlers zu bringen, der durch seine Krankheit aus dem Kreise der Schaffen-
den ausgeschieden war? Dem scheint zu widersprechen, daß er nach dem Tode Rethels noch
eine Anzahl seiner Arbeiten in Holzschnitt vervielfältigt hat.

Die Ausführung des Bürknerschen Planes zögerte sich lange hinaus. Erst 1857 erschien die
..Holzschnitt-Mappe von Hugo Bürkner. Erstes Heft." im Verlag von Rudolph Kuntze in
Dresden. Mehr ist nicht erschienen. Das Heft von 1857 enthielt außer den schon in dem Brief-
wechsel von 1852 erwähnten Blättern von Julius Schnorr von Carolsfeld („Siegfrieds Leiche
wird nach Worms gebracht") und von Ernst Hasse, noch ein zweites Blatt von Hasse („Bauern-
hof am Morgen" und „Bauernhof am Abend") und Arbeiten von Eduard Bendcmann („Wo
Barthel Most holt"), Ludwig Richter („Kunst bringt Gunst"), Julius Hübner („Studienkopf":
ein Bildnis Wilhelm von Schadows), Adolph Schrödter („Frühling und Maiwein"), Guido Ham-
mer („Hirschkuh und Kälbchf n").14 Kaulbach hatte trotz seiner Zusage nichts beigesteuert.
Von den acht Blättern hatte Bürkner die Schnorrs und Hammers selbst geschnitten, die anderen
dagegen seinen Schülern überlassen;10 die Blätter von Bendemann und Hübner waren über-
haupt nicht von diesen selbst gezeichnet, sondern von Bürkner nach Vorlagen von ihrer Hand.16
Das Versprechen, Blätter zu bringen, „die für alle Zeiten den Standpunkt der heutigen Kunst
in ihren würdigsten Repräsentanten bezeugen soll", ist in dieser Sammlung nicht erreicht.
Nicht nur die Blätter von Hasse, die schon damals Bedenken erregten, und das von Hammer
sind recht unbedeutend, auch die meisten der anderen gehören durchaus nicht zu den besten
der mitarbeitenden Künstler. So ist das Heft mit Recht in Vergessenheit geraten. Rethels
Beitrag hätte weit über Allem gestanden, was es enthält und ihm überhaupt erst eine Bedeutung
verl'ehen, allerdings auch seinen bescheidenen Rahmen gesprengt.

11 Brief in der Sammlung Sohn-Rethel in Düsseldorf Nr. 85: Die Taufe Wittekins ist. ... in Betracht
unserer Abreise den 20 t. d. M. nach Italien fertig. 12 Brief ebenda.

13 Briefe in der Sammlung Solm-Rethel zu Düsseldorf.

14 Sämtlich im Staatlichen Kupferstich-Kabinett in Dresden vorhanden.

15 Mitgearbeitet haben Joseph Roloffs (Blätter von Bendemann und Richter), Fedor Reusche (Blätter von
Hübner und Hasse), Richard Julius Jungtow (Blatt von Schrödter), Rudolph Schwcrlführer (Blatt von Hasse).
Der Preis des Heftes betrug 8 Thaler. Vgl. Dioskuren III 1858 pag. 157.

16 Das Ölgemälde von Bendemann „Wo Barthel Most holt", nach dem der Holzschnit t gemacht ist, war 1858
auf der Allgemeinen und Historischen Kunstausstellung in München ausgestellt; vgl. auch F. von Boetticher,
Malerwerke des 19. Jahrh. I (1891) pag. 76 Nr. 38. — Als Vorlage für den „Studienkopf" nach Hübner hat
offensichtlich eine skizzenhafte Zeichnung gedient, die 1908 in das Dresdner Kupferstichkabinett gelangt ist
(Inv. Nr. 1908-248). Sie trägt den Vermerk Bürkners: in Holz geschnitten 1854.

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