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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Weixlgärtner, Arpad: Paralipomena zum Thema: Goethe und Delacroix
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0155
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mir unerfindlich. Bei Mauzaisse-
Schmeller sehen wir den Herrn
Geheimrat, bei Delacroix den
Dichter, und, wenn das Paradoxon
erlaubt ist, so hat Delacroix, der
Goethe nie sah und nach einer
schwachen Vorlage zu arbeiten ge-
nötigt war, dessen Persönlichkeit
intuitiv besser erfaßt und somit
in einem höheren Sinne richtiger
wiedergegeben als Schmeller, des-
sen Zeichnung, was photographi-
sche Treue anlangt, sicherlich ge-
nauer gewesen sein wird. Freilich
so ins Ideale zu steigern, wie dies
Delacroix' Landsmann, dem Bild-
hauer David d'Angers, mit seiner
1829 nach dem Leben gearbeite-
ten Goethebüste gelungen ist, ver-
mochte unter den gegebenen Um-
ständen Delacroix sein Porträt
des großen Deutschen nicht.

Ich möchte vermuten, daß der
Verleger Motte zuerst die Litho-
graphie vonMauzaisse dem Faust-
Band einfügen wollte, daß sie aber
dann ihm selbst und wahrschein-
lich auch Delacroix so wenig zu-
sagte, daß schließlich dieser selbst
das Porträt beistellte.

Delacroix hat seine Lithographie fast nur mit der Kreide gearbeitet, bloß die Glanzlichter
der Augensterne und einige wenige Haarlocken sind mit der Nadel herausgekratzt. Das Fak-
simile von Goethes Namenszug auf der Lithographie ist der Unterschrift in dem von Goethe
am 4. April 1827 geschriebenen Brief an den Übersetzer des Faust, Albert Stapfer, nach-
gebildet. Das Blatt trägt außerdem die Bezeichnung „Delacroix Lithog:'" und „Lith: de
C: Motte.".

Die französische Prachtausgabe des Faust enthält aber noch zwei Goethebildnisse, die im
Text und unter den Tafeln des Propyläen-Bandes fehlen, beide in Medaillonform. Das eine
ist ein Holzschnitt auf der Titelseite (Abb. 2). Es ist kreisrund, hat die Gestalt einer antiken
Münze und zeigt den Kopf im Profil nach links. Das andere befindet sich vorne auf dem
Umschlag der broschierten Ausgabe, wo es nur eine Einzelheit der Titelzeichnung (Abb. 3)
ausmacht. Es ist von einem hohen Oval eingeschlossen, der Kopf ist im Profil nach rechts
gekehrt. Rechts steht zu lesen: „■ GOETHE ", darunter in kleineren Buchstaben: „C-MOTTE".
Das erste, in Holz geschnittene Bildnis ist weitaus sorgfältiger gearbeitet als das zweite, litho-
graphierte und erfreut durch den flotten, markigen Strich. Links vom Kopf steht: „GOETHE-",
rechts von ihm: „ M D CCC-XX VIII ", das ist das Jahr, in dem die illustrierte Faust-Ausgabe
erschienen ist. Unter dem Kopf liest man in kleineren Lettern: „PORRET" Henri-Desire Porret

1. Eugene Delacroix: Goethe. Lithographie nach einer Zeichnung
J. J. Schindlers

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