Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Technik

keit liegt nicht in dem Ziehen des Silberfadens, sondern vor allem in dem kunstgerechten
Aufbringen des Goldes; bei der nachfolgenden Bearbeitung, dem weiteren Ziehen und
Auswalzen, erhält die dünne Goldschicht allzuleicht winzige Sprünge; die Oxydation
des darunterliegenden Silbers setzt ein; die Goldlamellen springen ab. Der Metall-
faden verliert jeden Glanz und wird schwarz. Der Übelstand, der sich leider allzuoft
in alten Bildwirkereien bemerkbar macht, führte 1874 die Gobelins, gelegentlich der
Übertragung des Ghirlandajoschen Gemäldes Sankt Anna und die Madonna in die
Bildwirkertechnik, zu dem Versuche, die Nimben in echtem Golde anzulegen.

Das bereits erwähnte „Mailänder Gold" nimmt eine Sonderstellung ein. Das ängst-
lich gehütete Geheimnis bestand darin, die Vergoldung nur auf der nach dem Ver-
spinnen sichtbaren Seite anzubringen. In seiner Eigenart erwies sich der Mailänder
Faden besonders zweckmäßig zum Füllen des Goldgrundes der Bordüren. Entsprechend
trifft der Vertrag vom 9. September 1673, der dem Brüsseler Wirker Gerard Peemans
die Wappenfolge für den Marquis de Villa Flores zur Ausführung überweist, seine
Vorschriften; Mailänder Gold wird für den Fond verwandt; die Brokate der Gewänder
und die Wappenkronen sind in dem beiderseitigen «holländischen" Golde durch-
zuführen. Der Erzeugungsort des „holländischen" Goldfadens ist nicht näher angegeben.
Im übrigen befaßten sich außer den führenden Orten Mailand, Lyon und Paris, eine
Reihe italienischer, französischer und niederländischer Manufakturen mit der Herstel-
lung dieses wichtigen Artikels.

Das Erkennen der einzelnen Goldfadensorten, sowie die Scheidung nach echt und
unecht, gestaltete sich bei neuhergestellten Behängen bisweilen schwierig, zumal der
übergoldete Kupfergrund in der fertigen Arbeit nur schwer erkennbar war, und man
dem Golde mit Farbmitteln nachhalf. Es fehlt dementsprechend nicht an Vorschriften
und Erlassen, die sich ausführlich mit der Materie beschäftigen. Absatz 9 der Pariser
Statuten von 1622 (1625, 1627) besagt nachdrücklich: «II sera döfendu ä tous maitres,
scavoir: d'employer du faux or ou argent pour du fin, ni or de Boulogue pour or de
Milan ..." Was unter falschem Silber zu verstehen ist, erläutert der Passus: «C'est
un lingot de cuivre, couverte de feuilles d'argent, ä plusieurs fois par le moyen du
feu, ä l'usage des Tireurs d'or". Um Mißbräuche zu vermeiden, war bei unechtem
Metall die Seidenseele verboten und nur Leinen oder Hanf als füllendes Material zu-
gelassen. Die teilweise Verwendung unechter Goldfäden in alten, sonst werkgerecht
durchgeführten Wandteppichen ist in der Regel auf Instandsetzungen zurückzuführen,
bei denen Kostenersparnis oder Betrug einwandfreies Material ausschaltete. Das 18. Jahr-
hundert scheint bei Ausbesserungen mit besonderer Gewissenlosigkeit verfahren zu
sein. Die Erörterung, inwieweit in Bildwirkereien Baumwolle verwandt worden ist,
erübrigt sich. Die modernen Versuche — der Ersatz der Wollenkette durch Baum-
wolle — scheiden für das vorliegende Gebiet aus. Die Annahme, die Manufaktur
Tournai habe sich im 15. und 16. Säkulum des Materials als Einschlag bedient, ent-
behrt zunächst jeder Begründung.

Verschiedene Bildteppichdetails erläutern des näheren die voraufgegangenen Aus-
führungen über Technik und Material (Abb. 48—52).

56
 
Annotationen