Deutung
sprudelnden Quellen und herrlichen Gärten erschließt sich den Blicken der Befreier.
Die Ritter nähern sich dem Palaste, in dem Renaud weilt. Ein Dämon sucht als
Lucinde — die Geliebte des tapferen Danois — den Helden in ihre Netze zu locken.
Ubalde durchschaut die List; die Berührung mit dem Szepter läßt die Truggestalt
verschwinden. Das gleiche Spiel wiederholt sich bei der magischen Melisse, der an-
geblichen Freundin Ubaldes.
In der Regel wird der vierte Akt für Wandteppichfolgen nicht verwertet, desto
häufiger dagegen der fünfte und zugleich letzte. Ihm entnimmt die Gobelinreihe der
Fragments d'Opera zwei Episoden: uL'evanouissement d'Armide (Akt V, Sz. 4)vl und
„La destruetion du palais d'Armide (A. V. Sc. 5)". Wesentlich weiter geht ein Pro-
jekt Bouchers, der sechs Motive zur Ausführung vorschlägt: 1. Renaud in den Schlingen
Armidens; 2. der Held entsagt dem Waffenruhm, in Wollust schwinden Tage und
Nächte; 3. das verliebte Paar wandelt in den zauberischen Gärten; k. die Freunde
lösen den Bann; 5. Renauds Flucht; 6. die Zerstörung des Zauberschlosses.
Die erste Szene des 5. Aktes zeigt den Helden; statt Waffen decken Blumenketten
Brust und Glieder; Liebesgötter umgaukeln Renaud und Armide. In einem Augen-
blicke des Alleinseins nahen Ubalde und Danois. Zauberschild und Szepter wandeln
den Trug; der junge Held erkennt seine unwürdige Lage, er zerreißt die Blumen-
gewinde und ergreift Schild und Schwert. Armide sieht mit Entsetzen die Verwand-
lung; vergebens sucht sie den Geliebten zurückzuhalten. Die Zauberin fällt in tiefe
Ohnmacht; der Gerettete und seine Freunde eilen von dannen. Verzweifelt zerstört
Armide den Feenpalast, die weiten Gärten wandeln sich in wüste Öde.
„Fuyez, Plaisirs, fuyez; perdez tous vos attraits:
Demons, detruisez ce Palais."
Die flämischen Rinaldofolgen halten sich nicht an die Quinaultsche Tragödie, sie
arbeiten zumeist unmittelbar nach der Urquelle, nach Tassos uLa Gerusalemme libe-
rata^. Dem befreiten Jerusalem sind u. a. auch die Zaubergartenmotive entlehnt.
Maßgebend ist der 16. Gesang, Vers 10—15; die Zerstörung des Palastes wird in dem
gleichen „Canto" (Vers 68—70) in anschaulicher Weise geschildert. Die Fortsetzungen
der Folge bedienen sich naturgemäß lediglich der Tassoschen Dichtung. Der Kampf
Rinaldos gegen Armides Sarazenenheer ist dem 17. Gesänge entnommen.
Auch das altbekannte Triumphzugmotiv fehlt nicht, Die Zauberin begleitet die
Ägypterscharen:
Gleich dem der Sonne, schimmert hoch erhaben
Ihr Wagen von Rubin und Diamant,
Und vier Einhörner, klug geleitet, traben
Paarweis daher, ins schmucke Joch gespannt (257).
Die Schlacht und den Zweikampf Rinaldos und Armides erzählt Gesang 20. Ver-
zweifelt flüchtet die Fürstin in ein entlegenes Tal.
So rett, o Pfeil, mich von der Liebe Pfeile,
So komm, o Tod, zu meines Herzens Heile (258).
Rinaldo erscheint im letzten Augenblick, um die zum Tod Entschlossene zu retten.
Das Epos endet mit der Versöhnung der beiden Liebenden. Auch die Teppichfolgen
schließen in der Regel mit dem geschilderten Abtakt. Aus der Tragödie Quinaults
wird ein glücklich endendes Spiel. Der Wandteppich vermeidet nach Möglichkeit
tragische Schlußeffekte, wTenn es sich nicht gerade um die Verherrlichung eines
Heiligen oder einen sonstigen religiös-belehrenden Zweck handelt. Einzelstücke der
Armidenfolge sind durchaus nicht selten. Auch die urkundlichen Belege sind zahlreich
vorhanden. Vereinzelt wird die Sechszahl der Teppichreihe überschritten, so bei der
Folge, die 1654 der Wirker und Händler Francois Jallason dem schwedischen Ge-
sandten liefert (7 Stück); eine zweite Serie zählt sogar acht Behänge. Der rührige
Aubussonor Meister verkauft noch vier weitere Armidenfolgen mit je sechs bis sieben
Teppichen an einen Herrn von Montbrun, den polnischen Residenten in Paris, den
200
sprudelnden Quellen und herrlichen Gärten erschließt sich den Blicken der Befreier.
Die Ritter nähern sich dem Palaste, in dem Renaud weilt. Ein Dämon sucht als
Lucinde — die Geliebte des tapferen Danois — den Helden in ihre Netze zu locken.
Ubalde durchschaut die List; die Berührung mit dem Szepter läßt die Truggestalt
verschwinden. Das gleiche Spiel wiederholt sich bei der magischen Melisse, der an-
geblichen Freundin Ubaldes.
In der Regel wird der vierte Akt für Wandteppichfolgen nicht verwertet, desto
häufiger dagegen der fünfte und zugleich letzte. Ihm entnimmt die Gobelinreihe der
Fragments d'Opera zwei Episoden: uL'evanouissement d'Armide (Akt V, Sz. 4)vl und
„La destruetion du palais d'Armide (A. V. Sc. 5)". Wesentlich weiter geht ein Pro-
jekt Bouchers, der sechs Motive zur Ausführung vorschlägt: 1. Renaud in den Schlingen
Armidens; 2. der Held entsagt dem Waffenruhm, in Wollust schwinden Tage und
Nächte; 3. das verliebte Paar wandelt in den zauberischen Gärten; k. die Freunde
lösen den Bann; 5. Renauds Flucht; 6. die Zerstörung des Zauberschlosses.
Die erste Szene des 5. Aktes zeigt den Helden; statt Waffen decken Blumenketten
Brust und Glieder; Liebesgötter umgaukeln Renaud und Armide. In einem Augen-
blicke des Alleinseins nahen Ubalde und Danois. Zauberschild und Szepter wandeln
den Trug; der junge Held erkennt seine unwürdige Lage, er zerreißt die Blumen-
gewinde und ergreift Schild und Schwert. Armide sieht mit Entsetzen die Verwand-
lung; vergebens sucht sie den Geliebten zurückzuhalten. Die Zauberin fällt in tiefe
Ohnmacht; der Gerettete und seine Freunde eilen von dannen. Verzweifelt zerstört
Armide den Feenpalast, die weiten Gärten wandeln sich in wüste Öde.
„Fuyez, Plaisirs, fuyez; perdez tous vos attraits:
Demons, detruisez ce Palais."
Die flämischen Rinaldofolgen halten sich nicht an die Quinaultsche Tragödie, sie
arbeiten zumeist unmittelbar nach der Urquelle, nach Tassos uLa Gerusalemme libe-
rata^. Dem befreiten Jerusalem sind u. a. auch die Zaubergartenmotive entlehnt.
Maßgebend ist der 16. Gesang, Vers 10—15; die Zerstörung des Palastes wird in dem
gleichen „Canto" (Vers 68—70) in anschaulicher Weise geschildert. Die Fortsetzungen
der Folge bedienen sich naturgemäß lediglich der Tassoschen Dichtung. Der Kampf
Rinaldos gegen Armides Sarazenenheer ist dem 17. Gesänge entnommen.
Auch das altbekannte Triumphzugmotiv fehlt nicht, Die Zauberin begleitet die
Ägypterscharen:
Gleich dem der Sonne, schimmert hoch erhaben
Ihr Wagen von Rubin und Diamant,
Und vier Einhörner, klug geleitet, traben
Paarweis daher, ins schmucke Joch gespannt (257).
Die Schlacht und den Zweikampf Rinaldos und Armides erzählt Gesang 20. Ver-
zweifelt flüchtet die Fürstin in ein entlegenes Tal.
So rett, o Pfeil, mich von der Liebe Pfeile,
So komm, o Tod, zu meines Herzens Heile (258).
Rinaldo erscheint im letzten Augenblick, um die zum Tod Entschlossene zu retten.
Das Epos endet mit der Versöhnung der beiden Liebenden. Auch die Teppichfolgen
schließen in der Regel mit dem geschilderten Abtakt. Aus der Tragödie Quinaults
wird ein glücklich endendes Spiel. Der Wandteppich vermeidet nach Möglichkeit
tragische Schlußeffekte, wTenn es sich nicht gerade um die Verherrlichung eines
Heiligen oder einen sonstigen religiös-belehrenden Zweck handelt. Einzelstücke der
Armidenfolge sind durchaus nicht selten. Auch die urkundlichen Belege sind zahlreich
vorhanden. Vereinzelt wird die Sechszahl der Teppichreihe überschritten, so bei der
Folge, die 1654 der Wirker und Händler Francois Jallason dem schwedischen Ge-
sandten liefert (7 Stück); eine zweite Serie zählt sogar acht Behänge. Der rührige
Aubussonor Meister verkauft noch vier weitere Armidenfolgen mit je sechs bis sieben
Teppichen an einen Herrn von Montbrun, den polnischen Residenten in Paris, den
200