Arras
bestimmten Anzahl Stühle sei bei den NiederlassungsVerhandlungen überhaupt nicht ver-
einbart worden. Er habe stets zwei Wirker und einen Lehrling beschäftigt, seit 1757
sei sogar ein weiterer Lehrling eingestellt, so daß jetzt drei um6tiers battans" im Gange
seien. Seine Arbeiten seien immer als einwandfrei, ja als hervorragend beurteilt worden.
Gegenwärtig umfasse sein Lager 14 Bildteppiche in den verschiedensten Größen und
mehr als 130 Kartons für Figuren- und Tier Wirkereien.
Bürgermeister und Schöffen begründen in dem Berichte vom 14. Februar 1758 die
Einstellung der Zuschüsse damit, daß Bernard Plantez den Betrieb vorübergehend still-
gelegt habe. Sie hätten sich jedoch nunmehr von seiner erneuten Tätigkeit überzeugt und
wären dementsprechend bereit zu zahlen. Die städtische Körperschaft erkenne gern
an, «que le sieur Plantez est tres-bon ouvrier; c'est ce qui nous a porte ä l'engager ä
rester en cette ville, mais son peu de fortune l'empöche de faire des ouvrages sans
qu'on lui en fasse les avances."
Das Unternehmen des tüchtigen Meisters krankt an den Grundübeln, unter denen
fast alle kleineren Manufakturen des ausgehenden 18. Jahrhunderts leiden, an einem
ständigen Geldmangel, an der Ungunst von Konjunktur und Mode, die sich von den
teueren Wandteppichen abwendet und die billigen Lehwvand- und Papiertapeten be-
vorzugt. Es ist mit Sicherheit nicht festzustellen, wie lang Meister Bernard seinen Be-
trieb noch durchhält. Der Hauptsache nach dürfte Plantez sich in den guten Tagen
seiner Manufaktur mit der Verfertigung der gängigen, kleinfigurigen Verdüren befaßt
haben. Für die Spätzeit des Ateliers kommt nach den eigenen Angaben des Meisters
wohl nur die Herstellung von Kanapee-, Sessel- und Stuhlbezügen in Frage. Das
Personal besteht außer Plantez aus zwei Wirkern und zwei Lehrlingen. Im ganzen
sind drei Stühle im Gang. Es kann sich nur um die kleinen, speziell für Möbelgarni-
turen gearbeiteten „mötiers" handeln; die erwähnten 130 Kartons mit Figuren und
Tierdarstellungen sind Rücken- und Sitzvorlagen in dem Geschmacke Oudrys oder
Casanovas. In dem städtischen Museum zu Arras befinden sich noch zwei Ver-
düren, in der Art der Liller Arbeiten Werniers, die die Signierung Plantez I. B. tragen.
Eine voll signierte Folge mit dem Namen Arras und der Jahreszahl,! die um 1835 in
einem Saale der St. Barbarastraße zu Arras hing, fiel dem Unverstände zum Opfer,
sie wurde zn Fußteppichen zerschnitten.
Außer dem Plantezschen Unternehmen ist urkundlich die vorübergehende Nieder-
lassung des Jean-Francois Bouche bezeugt. Vergebens sucht der Magistrat von Arras
1740 den fähigen Meister zur dauernden Ansiedlung zu bewegen.
Die Beurteilung der Erzeugnisse aus der Blütezeit der Arraser Bildteppichwirkerei,
gestaltet sich insofern schwierig, als von den unzählichen Folgen „de l'oeuvre d'Arras"
nur wenige Reste, wahrscheinlich nicht die besten, auf uns gekommen sind. Die
reichen mit Gold durchwirkten Wandteppiche waren im Falle zu starker Abnutzung,
die eine Ausbesserung nicht mehr lohnend erscheinen ließ, die des öfteren auch unter-
blieb, weil veränderter Geschmack rein konservierende Arbeiten als sinnlos empfand,
fast stets zum Feuertode verdammt. Das barbarische Autodafe, das in den Zeiten der
französischen Revolution mit Hunderten der schönsten Wirkteppichen aufräumte, um
einen kärglichen Gewinn an geschmolzenem Silber zu erzielen, war wohl das größte,
jedoch nicht das erste seiner Art. Die Teppiche, die noch jetzt vorhanden und Arras
zuzuschreiben sind, stellen durchweg keine Qualitätsstücke im Sinne der zeitgenössi-
schen Auffassung dar. Die einzige urkundlich für Arras bezeugte Folge der Heiligen
Piat uud Eleutherius in der Kathedrale zu Tournai kann unmöglich als Prototyp für
die Arraser Bildwirkerei angesprochen werden (Abb. 188). Die Reihe mißt gegenwärtig
21,85 m in der Länge und 2,08 m in der Höhe. Die vier noch erhaltenen Teppiche, die
als Chorstuhlbehänge gedient haben mochten, schildern in vierzehn Bildern Leben und
Wirken der beiden Glaubenszeugen. Die Behänge sind ganz aus Wolle gefertigt;
Gold, Silber und Seide fehlen. Die Farben sind stark abgeblaßt, Rot und Blau haben
sich, wie in allen frühen Wirkereien, noch einigermaßen gehalten.
240
bestimmten Anzahl Stühle sei bei den NiederlassungsVerhandlungen überhaupt nicht ver-
einbart worden. Er habe stets zwei Wirker und einen Lehrling beschäftigt, seit 1757
sei sogar ein weiterer Lehrling eingestellt, so daß jetzt drei um6tiers battans" im Gange
seien. Seine Arbeiten seien immer als einwandfrei, ja als hervorragend beurteilt worden.
Gegenwärtig umfasse sein Lager 14 Bildteppiche in den verschiedensten Größen und
mehr als 130 Kartons für Figuren- und Tier Wirkereien.
Bürgermeister und Schöffen begründen in dem Berichte vom 14. Februar 1758 die
Einstellung der Zuschüsse damit, daß Bernard Plantez den Betrieb vorübergehend still-
gelegt habe. Sie hätten sich jedoch nunmehr von seiner erneuten Tätigkeit überzeugt und
wären dementsprechend bereit zu zahlen. Die städtische Körperschaft erkenne gern
an, «que le sieur Plantez est tres-bon ouvrier; c'est ce qui nous a porte ä l'engager ä
rester en cette ville, mais son peu de fortune l'empöche de faire des ouvrages sans
qu'on lui en fasse les avances."
Das Unternehmen des tüchtigen Meisters krankt an den Grundübeln, unter denen
fast alle kleineren Manufakturen des ausgehenden 18. Jahrhunderts leiden, an einem
ständigen Geldmangel, an der Ungunst von Konjunktur und Mode, die sich von den
teueren Wandteppichen abwendet und die billigen Lehwvand- und Papiertapeten be-
vorzugt. Es ist mit Sicherheit nicht festzustellen, wie lang Meister Bernard seinen Be-
trieb noch durchhält. Der Hauptsache nach dürfte Plantez sich in den guten Tagen
seiner Manufaktur mit der Verfertigung der gängigen, kleinfigurigen Verdüren befaßt
haben. Für die Spätzeit des Ateliers kommt nach den eigenen Angaben des Meisters
wohl nur die Herstellung von Kanapee-, Sessel- und Stuhlbezügen in Frage. Das
Personal besteht außer Plantez aus zwei Wirkern und zwei Lehrlingen. Im ganzen
sind drei Stühle im Gang. Es kann sich nur um die kleinen, speziell für Möbelgarni-
turen gearbeiteten „mötiers" handeln; die erwähnten 130 Kartons mit Figuren und
Tierdarstellungen sind Rücken- und Sitzvorlagen in dem Geschmacke Oudrys oder
Casanovas. In dem städtischen Museum zu Arras befinden sich noch zwei Ver-
düren, in der Art der Liller Arbeiten Werniers, die die Signierung Plantez I. B. tragen.
Eine voll signierte Folge mit dem Namen Arras und der Jahreszahl,! die um 1835 in
einem Saale der St. Barbarastraße zu Arras hing, fiel dem Unverstände zum Opfer,
sie wurde zn Fußteppichen zerschnitten.
Außer dem Plantezschen Unternehmen ist urkundlich die vorübergehende Nieder-
lassung des Jean-Francois Bouche bezeugt. Vergebens sucht der Magistrat von Arras
1740 den fähigen Meister zur dauernden Ansiedlung zu bewegen.
Die Beurteilung der Erzeugnisse aus der Blütezeit der Arraser Bildteppichwirkerei,
gestaltet sich insofern schwierig, als von den unzählichen Folgen „de l'oeuvre d'Arras"
nur wenige Reste, wahrscheinlich nicht die besten, auf uns gekommen sind. Die
reichen mit Gold durchwirkten Wandteppiche waren im Falle zu starker Abnutzung,
die eine Ausbesserung nicht mehr lohnend erscheinen ließ, die des öfteren auch unter-
blieb, weil veränderter Geschmack rein konservierende Arbeiten als sinnlos empfand,
fast stets zum Feuertode verdammt. Das barbarische Autodafe, das in den Zeiten der
französischen Revolution mit Hunderten der schönsten Wirkteppichen aufräumte, um
einen kärglichen Gewinn an geschmolzenem Silber zu erzielen, war wohl das größte,
jedoch nicht das erste seiner Art. Die Teppiche, die noch jetzt vorhanden und Arras
zuzuschreiben sind, stellen durchweg keine Qualitätsstücke im Sinne der zeitgenössi-
schen Auffassung dar. Die einzige urkundlich für Arras bezeugte Folge der Heiligen
Piat uud Eleutherius in der Kathedrale zu Tournai kann unmöglich als Prototyp für
die Arraser Bildwirkerei angesprochen werden (Abb. 188). Die Reihe mißt gegenwärtig
21,85 m in der Länge und 2,08 m in der Höhe. Die vier noch erhaltenen Teppiche, die
als Chorstuhlbehänge gedient haben mochten, schildern in vierzehn Bildern Leben und
Wirken der beiden Glaubenszeugen. Die Behänge sind ganz aus Wolle gefertigt;
Gold, Silber und Seide fehlen. Die Farben sind stark abgeblaßt, Rot und Blau haben
sich, wie in allen frühen Wirkereien, noch einigermaßen gehalten.
240