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Brüssel

Kämmerern und sechs Schöffen zusammensetzen. Die Balance zwischen dem engeren
Magistrat, dem Großen Rate, „wijden Raedt", und der Kammer, die die Geschworenen
der sämtlichen „Nationen" umfaßt, regelt sich nach ähnlichen Grundsätzen. Die Arbeit
von G. des Marez (13) behandelt den Gegenstand mit Klarheit und kritischer Schärfe,
sie beleuchtet die Rechte der „Nationen" und der in ihnen zusammengefügten Zünfte,
sie schildert die bürgerlichen und militärischen Pflichten, die oft zur drückenden Last
werden und in den kommenden Jahrhunderten nicht selten den Wirker zur Aus-
wanderung veranlassen.

Die Schutzheilige der Brüsseler Tapetenwirker ist Sankta Barbara (14), der ein be-
sonderer Altar geweiht ist, dessen Unterhaltung zur ersten Ehrenpflicht der Zunft ge-
hört. Die bereits erwähnten Zulassungsgelder fremder Wirkergesellen fließen seit
1528 in die Altarunterhaltungskasse.

Die Rechnungsbelege, die Bildteppichlieferungen Brüsseler Meister behandeln, sind
zunächst recht spärlich. Außer den schon erwähnten größeren Manufakturen nennt
Dehaisnes (15) einen Georg de Liere, der 1434 dreizehn „hautelice"-Teppiche mit dem
burgundischen Wappen an Herzog Philipp den Guten liefert. Es handelt sich um
Saumtierdecken; die Gesamt Vergütung beläuft sich auf 56 livres 4 solz. Bedeutungs-
voller ist der Auftrag, der 1480/81 einem Michel Nyettens zuteil wird. Die sieben „banc-
quiers de tapisserye de menue verdure" stellen eine Abart der sogenannten Mille-
fleursteppiche dar, die auf dunklem, zumeist blauem Grunde Büschel blühender Pflanzen
zeigen. Auftraggeber ist „Monseigneur", der junge Kaiser und Herzog Maximilian, der
Gatte der burgundischen Erbtochter. Die Bankteppiche dienten nach dem Wortlaute
des Beleges für das Ordensfest des goldenen Yließes, „naguere tenue en la ville de
Bois-le-Duc". Die Arbeit wird mit 92 liv. 8 s. bezahlt, geht also über die einfacheren
Wirkereien des Liere wesentlich hinaus.

Die weiteren Unterlagen des letzten Jahrzehntes des ausgehenden 15. Säkulums sind
noch dürftiger. Die städtischen Akten von Tournai erwähnen 1497 Grad de Boude-
galle, einen Wirker aus Brüssel, der schuldenhalber seine alte Heimatstadt verlassen
hat und sich in Tournai ansiedeln will, „s'il est asseure de non estre arrestez pour
les debtes de icelle ville de Bruxelles". Es handelt sich ersichtlich um einen bedeu-
tungslosen Kleinwirker. Umfangreicher dürfte der Betrieb des Jehan van Brügge oder
Dupont gewesen sein. Er liefert 1501 an Philipp den Schönen zwei eigenartige
Wirkereiarbeiten. Es handelt sich um Decken mit den Wappen des Herrschers und
seiner Gemahlin Johanna von Kastilien, die für die Feld- oder Reisebetten des Erz-
herzogs „en son prochain voyaige d'Espaigne" bestimmt sind. Die Fahrt geht durch
Frankreich und fällt in den November des Jahres 1501. Die Uberdecken messen nicht
weniger als 20 Quadratellen und werden mit 35 liv. 2 s. vergütet. Der Meister wird
bereits 1497 erwähnt. Er arbeitet in dem genannten Jahre verschiedene Maultier-
deckeu. 1499 wird Johann van Brügge mit der Instandsetzung des großen Behangs
der Lütticher Kämpfe betraut.

Franc de Houwene ist bislang lediglich durch Reparaturarbeiten bekannt, er bessert
im Dienste des Erzherzogs den sogenannten Papstteppich aus.

1497 liefert Pierre Denghien ein vollständiges Tapisseriezimmer „ä personnes de
Bregiers (bergiers = Schäfer) et Bregieres et une salette ä personnages de Bocquillons".
Der hohe Preis von 1004 liv. 6 s. läßt an reiche und gediegene Ausführung denken.
Das Pariser Museum der Schönen Künste besitzt ein Bildteppichfragment, das sowohl
stilistisch wie technisch als Brüsseler Erzeugnis anzusehen ist (Abb. 257). Entsprechend
dem Zuge der Zeit wird das Schäfermotiv mit moralisierenden Gedanken verknüpft.
Die Güte und Feinheit der Arbeit läßt auf Meister Peter als Yerfertiger schließen. Der
Behang entstammt, wTie noch so manches frühe Stück, dem Schlosse Chalais. Mit
Peter von Enghien oder Pieter van Eengen, Pierre van Edingen, Pieter van Aelst, tritt
eine der markantesten Persönlichkeiten unter den Brüsseler Wirkern des beginnenden
16. Jahrhunderts in Erscheinung. Die Person des Meisters ist auf das engste mit der
berühmten Folge der Taten der Apostel, dem immer und immer wieder angestaunten
 
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