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Brüssel

trotzdem als Flame anzusprechen sein; verschiedene Einzelheiten verraten den nieder-
ländischen Geist. Wahrscheinlich handelt es sich hier, wie in so manchen anderen
Fällen, um ein Mitglied der späten Orleyschule. Die Signierung ist insofern von be-
sonderem Interesse, als neben der Haus- und Fabrikmarke der Geubels auch die per-
sönliche des Meisters Franz in Erscheinung tritt.

Verschiedene Teppiche der Madrider Staatssammlung werden gleichfalls Franz
Geubels zugeschrieben. Die Nachprüfung erbringt, bis auf den einen noch erhaltenen
Behang einer dritten Wiederholung der mehrfach erwähnten Noahfolge, keine stich-
haltigen Gründe. Der gleiche Zweifel besteht bei einer golddurchwirkten Reihe im
Presbyterium der Sankt Markuskirche zu Venedig, mit Darstellungen aus dem Leben
des Patrons, und für die Petrarcaschen Triumphe in dem Justizpalaste zu Barcelona.
Hermann Schmitz (36) erwähnt Teppiche einer Alexandergeschichte im Besitze des
Staatssekretär von Kühlmann und des Botschafters Graf Monts auf Schloß Haimhausen,
angeblich sämtlich mit der Signierung des Franz Geubels.

Eine Alexanderfolge im Palaste Chigi zu Rom nennt Monsignore Barbier de Mon-
tault in seinem Inventaire descriptif des tapisseries de haute-lisse conservöes ä Rome (37).
Die angegebene Marke entspricht genau der Geubelsschen Signierung.

Die urkundlichen Belege für die Tätigkeit unseres Meisters fließen im Vergleiche zu
der großen Zahl der erhaltenen Arbeiten nur spärlich. 1571 verkauft Franz Geubels an
König Philipp zwölf Wandteppiche und zwei zugehörige Türbehänge der Geschichte
Simsons, mit insgesamt 321 Quadratellen Inhalt, zum Preise von 1454 liv. 12. s. «dont
il a este" fait don ä l'archevesque de Treves". Mit der Erwähnung einer an König
Heinrich II. von Frankreich gelieferten Folge der Triumphe Scipios schließen die
aktenmäßigen Angaben.

Das Jahr der Atelierübergabe an den Nachfolger Jakob Geubels ist mir nicht bekannt.
Wahrscheinlich kommt das letzte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts in Betracht. Meister
Jakob wird von Donnet (38) urkundlich bereits am 10. Mai 1585 erwähnt. Sein
Schwiegervater, der Wirker und Händler Daniel van Bomberghen, ist verstorben. Die
Auseinandersetzung über die von dem Erblasser an die Antwerpener Tapisseriehändler
und Wirker Abel Schuylenborch, Amand und Heinrich Vrancx zur Fertigstellung über-
gebenen Bildteppichreihen -— omme te maken ende tot perfectie te brenghen — wirft
ein interessantes Schlaglicht auf Herstellung und Vertrieb von Wirkereien. Daniel
van Bomberghen läßt auf seine Rechnung eine Anzahl Behänge teils in Brüssel, teils
in Antwerpen, in nicht näher benannten Ateliers fertigen. Die drei Antwerpener
Meister vervollständigen die Serien. An einer Teppichreihe haben also nicht nur
mehrere Firmen, sondern auch Manufakturen verschiedener Wirkerstädte gearbeitet.

Jakob Geubels gerät zu Ende des 16. Jahrhunderts in Prozeß mit Franz Sweerts,
einem bekannten Antwerpener; die Verhandlungen charakterisieren in den einzelnen
Phasen trefflich die wirtschaftliche Lage der damaligen, führenden Ateliers (39).

Durch Erlaß vom 21. Juni 1559 war dem Tapisseriemakler, dem „courtier", ver-
boten, auf eigene Rechnung zu fabrizieren oder sich in irgend einer Form an dem
Teppichhandel geldlich zu beteiligen. Es stand ihm lediglich eine genau festgesetzte
Gebühr für die vermittelten Folgen zu. Der vereidete Courtier war die Vertrauens-
person zwischen Käufer und Verkäufer, er hatte beide Interessen in gleichem Maße
zu vertreten. Januar 1598 verkauft Sweerts eine aus der Geubelsschen Manufaktur
stammende Folge, Gartenpergolen mit Säulenstellungen und Blumenvasen, an den Hof
des Statthalters. Meister Jakob wirft dem Makler unlautere Machenschaften vor;
Sweerts wiederum schilt auf die Qualität der Arbeit. Es wird eine Reihe von Zeugen
herangezogen, die insbesondere darüber aussagen sollen, ob Sweerts berechtigt war,
die fragliche Folge zusammen mit anderen fremden Stücken in einem Block zu ver-
kaufen und so den Ruf der Brüsseler Firma zu gefährden. Josse de Carlier, der be-
kannte Antwerpener Wirker und Händler „wonende by den tapitsier pant" be-
stätigt, daß es bislang nie Brauch gewesen sei, Wirkereien von unterschiedlichem
Werte und aus verschiedenen Manufakturen in einem Lose zu veräußern; sein Kollege

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