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Brüssel

Mitte des 18. Jahrhunderts blüht. Ein Jan de Neve bekleidet seit etwa 1727 das Am
eines Oberaufsehers oder Inspektors des landesherrlichen Textilienschatzes. Yon ihm
stammt eine Aufstellung über die aus dem Schloßbrande vom 3. auf den 4. Februar
1731 geretteten Wirkereien. Der Meister wird noch 1748 gelegentlich des Verkaufs
der dem Marschall von Sachsen von der Stadt Brüssel geschenkten Folgen erwähnt.
De Neve ist in der Hauptsache Verwaltungsbeamter; es ist kaum anzunehmen, daß
Erzeugnisse seines Betriebes — sofern er ein Atelier besessen hat, das sich nicht ledig-
lich auf Reparaturen beschränkte — noch zum Vorschein kommen. Noch gänzlich
unbekannt ist der dem 17. Jahrhundert angehörige Brüsseler Wirker T. Schaep.
Eine von ihm mit vollem Namen signierte „Taufe Christi" kam am 3. März 1909 in
einer Pariser Auktion zur Versteigerung. Der erzielte Preis von 2630 fr. läßt auf mittel-
mäßige Arbeit schließen.

Die Brüsseler Bildteppichwirkerei erlischt mit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts.
Am 13. Januar 1794 stirbt der letzte des Wirkergeschlechts der van der Borght,
mit ihm wird die köstlichste der Künste Flanderns und Brabants endgültig zu Grabe
getragen.

Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts wird ein Aegidius (Gilles) van der Burcht
in einer Streitsache erwähnt, in der Simons Bouwens und Franz Sweerts der Jüngere
eine Rolle spielen. Ob Meister Gilles der Vorfahre des bekannten Jakob van der
Borght ist, der zu Ende des 17. Säkulums als Inhaber eines der bestgehendsten Brüs-
seler Ateliers erscheint, läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen. In einer Jan Lottin
zum Zwecke seiner Privilegierung ausgestellten Urkunde findet sich die Bescheinigung,
daß der Maler in der Zeit von 1690—1700 zahlreiche Patronen für Jakob und Jasper
van der Borght, für Hieronymus Le Clerck, Judocus de Vos und Johann Franz van
den Hecke geliefert hat. Die beiden van der Borght gehören mit zu den Verfertigern
der Schlachtenfolge für König Wilhelm III. von England. Eine ähnliche Bescheinigung
erhält der bekannte Patronenmaler Jan van Orley. Er entwirft für die van derBorght-
schen Ateliers u. a. einen Triumph der Amphitrite, das Leben des Heilands, eine Venus-
und Adonisreihe und eine Geschichte der Psyche.

Meister Jakob van der Borght, der Vater, wird 1676 privilegiert, seiner Ehe mit
Johanna van der Brügge entsprossen vier Kinder: Jasper (Gaspar), Johanna, Franz und
Peter. Jakob van der Borght arbeitet noch um die Mitte des ersten Dezenniums des
18. Jahrhunderts. Seine Signierung wird vielfach mit der seines Sohnes Jasper ver-
wechselt.

Meister Jakob führt, ähnlich wie die meisten übrigen Großmanufakturen, umfang-
reiche Aufträge gemeinsam mit befreundeten Firmen durch, ein enges Verhältnis ver-
knüpft ihn mit Hieronymus Le Clerck. Ihrer Tätigkeit — auch Gaspar ist an der
Arbeit beteiligt — entstammt die Feldzugsfolge im bayerischen Staatsbesitze, nach den
de Hondtschen Entwürfen, die nicht zu verwechseln ist mit den Episoden aus dem
spanischen Erbfolgekriege, die Judocus de Vos in die Wirktechnik überträgt. Ent-
sprechend liegt der Fall bei verschiedenen Teniersserien, von denen vereinzelte Tep-
piche im Handel und auf Ausstellungen auftauchten. Es handelt sich in der Regel
um die „fins Teniers" nach den van Orleyschen Entwürfen. Ein Teppich nach einer
Vorlage des gleichen Meisters, der sogenannte Triumph Amphitritens, ein Stück der
schon oft erwähnten Triumphe der Götter, befindet sich nach Wauters im Besitze
eines Herrn de Spoelberg. Die bisherigen Unterlagen lassen darauf schließen, daß
Meister Jakob, zusammen mit Le Clerck, sich im wesentlichen der Vorlagen bediente,
die eingehender bei der Besprechung des Reydams-Leyniersschen Konzerns Berück-
sichtigung gefunden haben.

Die Wappenteppiche, in der Art David Teniers des Jüngeren, die auch van der
Borght mehrfach in Auftrag nimmt, sind bereits erwähnt.

Die Klarstellung der Jakob van der Borght und seinem Sohne Jasper (Gaspar) zu-
zuschreibenden Folgen wird durch die Latinisierung des Namens van der Borght in
A. Castro wesentlich erschwert.

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