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Brüssel

die Ausnutzung der geschäftlichen Hochkonjunktur handelt —, der Statthalter gewährt
van der Borght gegen Hinterlegung entsprechender Teppichfolgen ein Darlehen in Höhe
von 4700 fl. 8.

Jasper van der Borght stirbt nach einer Tätigkeit, die ein halbes Jahrhundert um-
faßt, im Jahre 1742, seine Söhne Johann Franz und Peter setzten die Traditionen der
väterlichen Manufaktur fort.

Die angeführten Folgen erschöpfen durchaus nicht das Lebenswerk Meister Jakobs
und seines Sohnes. Zwei vorzüglich durchgeführte Pastorellenteppiche, signiert I. Y. D. B.
tauchten vor einigen Jahren im Münchener Kunsthandel auf (Abb. 358). Sie zeigen
besonders ausgeprägt die großblättrigen, an eine Wegerichart erinnernden riesigen
Pflanzenbüschel, die Distel und ein gewaltiges akanthusähnliches Gewächs mit phan-
tastischen Blüten fehlen nicht. Die Figuren sind verhältnismäßig klein. Den Hinter-
grund füllt eine bergige Landschaft mit malerischen Gehöften und Dörfern. Die Bor-
düre besteht aus einer nicht allzu breiten Blumenleiste, in der Rosen, Mohn und
Glockenblumen die Hauptrolle spielen. Charakteristisch sind der geschmackvoll zu-
sammengestellte Blumenstrauß der unteren und die von Girlanden umgebene Kartusche
der oberen Bordüre, die in die Bildfläche übergreifen.

Dem Zusammenarbeiten Jakob van der Borghts mit Daniel Leyniers entstammt eine
Reihe (zwölf Teppiche) im österreichischen Staatsbesitze, die Teniers- und Lagerszenen
bunt zusammenwürfelt (Abb. 359). Schließlich ist Gaspar van der Borght eine gut durch-
geführte Folge mit Darstellungen aus dem Neuen Testamente zuzuschreiben. Das Mün-
chener Nationalmuseum besitzt u. a. einen prächtigen Bildteppich, die Flucht der Heiligen
Familie (Abb. 360). Maria trägt das göttliche Kind, Putten bemühen sich das Grautier
in Gang zu bringen. Ein kleiner geflügelter Bursche schleppt mit beiden Ärmchen das
Futter. Der Weg läuft malerisch entlang an einem Wasserfall, einem halb versunkenen
antiken Tempel mit korinthischen Säulenstellungen und dem Torso einer Götterstatue.
Die Signierung nennt G. Y. D. B 0 R G H T. A C A S T R O als Wirker.

Franz van der Borght ist nicht minder berühmt als sein Bruder Jasper. Er be-
kleidet in den Jahren von 1727 bis 1761 viermal das Amt eines Doyens. Verhältnis-
mäßig zahlreich sind die Folgen, die seinen Namen tragen.

Eine der schönsten Arbeiten ist die aus zehn Teppichen bestehende Geschichte des
Achilles, ein Exemplar befand sich vor etwa 20—30 Jahren im Besitze der Pariser
Firma G. & R. Hamot. Die Signierung beschränkt sich auf die Anfangsbuchstaben
F. Y. D. B. Vereinzelt fehlt auch der Yorname, wir finden die Brüsseler Stadtmarke
und Y. DER BORGHT. Die Ausführung der Reihe läßt nichts zu wünschen übrig.
Die Bordüre ahmt den geschnitzten, vergoldeten Rahmen nach. Die obere Mitte nimmt
ein einköpfiger Adler ein, das Schwert in der rechten, das Wappenschild in der linken
Kralle. Eine Königskrone überragt den heraldischen Yogel. Die schwedische Krone
besitzt die gleiche Serie in sieben Teppichen mit den Signaturen: I. Y. D. BOR CHT,
F. Y. D. BORGHT, I. Y. D. B. und F. Y. D. B. Ein vereinzelter Behang aus einer
Apollo- oder Musenreihe nennt Franz van der Borght als Fabrikanten. Eine mit zehn
Teppichen vollständige Achilles-Serie — die Bordüren tragen Wappen und Namenszug
der Kaiserin Maria Theresia — wurde 1913 auf einer Christieauktion für 6100 Guineen
zugeschlagen. Teppiche der Achillesfolge — signiert I. YANDENBORGHT, bzw.
F. YANDENBORGHT, besitzt die Stadt Paris.

Die Wiederholung der Achillesreihe aus dem Besitze des Fürsten Johann Lichten-
stein gelangte 1880 in Wien zur Ausstellung. Es handelte sich um sechs Teppiche,
zum Teil signiert F. V. D. B., zum Teil F. Y. D. B O R C H T. Die gleiche Schau brachte
eine Mosesserie, die gemeinsam von Franz und Peter van der Borght, dem 1742 privi-
legierten Sohne Jaspers, gewirkt war. Die Auffindung des Moses, der Durchzug durchs
rote Meer, Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, zeigen die Signierung P. Y.D. BORGHT.
Die drei Teppiche stammen gleichfalls aus dem Besitze des Fürsten Lichtenstein. Eine
durch einige Figurengruppen erweiterte Wiederholung des Wasserwunders, F. V. B.
BORGHT gezeichnet, stellte Graf Joseph Deym aus (163). Die prächtige von Franz

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