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Brasse l

Peter van der Borght ist gleichfalls durch zahlreiche Teniersfolgen vertreten. Die
Wiener Staatssammlung (164) besitzt eine aus sechs Teppichen bestehende Reihe,
die insofern besonders bemerkenswert erscheint, als ein Behang — ein Bauer reicht
einem Pilger Almosen — die Signierung F. VAN. 0. aufweist, während die übrigen
zum Teil unbezeichnet, zum Teil P. Y. D. BORGHT signiert sind. Sollte es sich
um Franz van Ofhuys handeln, der 1776 und 1791 als Doyen erscheint, der jener
Familie angehört, die seit 1698 bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts nicht weniger
als 28 mal die Doyen würde bekleidet, von der bis heute jedoch noch kein einwand-
frei bezeichneter Teppich zutage gekommen ist?

Wiederholungen der österreichischen Folge sind in älterer und jüngerer Zeit mehr-
fach im Handel aufgetaucht. A. Wauters erwähnt vier Teppiche dieser Art im Pariser
Privatbesitz. Sie tragen außer dem Namenszug P. VAN DER. BORGHT ein aus
den Buchstaben P D und V zusammengestelltes Wirkermonogramm. Zwei besonders
schöne Stücke gelangten 1904 in Paris zur Versteigerung (165). Es handelt sich um
Fischerszenen, P. V. D. BORGHT bezeichnet, die 25 000 Francs bzw. 8500 Francs
brachten. Die Sammlung Yerkes, die 1910 in New-York zur Auktion kam, wies u. a.
mit sechs Teppichen die Serie fast vollständig auf, von denen einer P. V. D. BORGHT
signiert war. Die Auktionsbelege sind hiermit nicht erschöpft.

Peter van der Borght arbeitet nach dem Ableben seines Onkels Franz mehrfach
gemeinsam mit Daniel Leyniers, dem Inhaber einer der angesehensten Wirkerfirmen.
Die Wiener Staatssammlung besitzt eine derartige Reihe — fünf Teppiehe nach Te-
niers —, die u. a. Hafen- und Flußmotive mit malerisch durchgeführter Staffage bringen,
von denen drei den Namen des Peter van der Borght, die übrigen den des Daniel
Leyniers führen.

Meister Peter stirbt 1763. Das Nachlaßinventar weist u. a. auch eine aus sieben Be-
hängen bestehende Feldzugsfolge auf, die mit den Serien nach van Orley oder van
der Meulen nichts zu tun hat; der Hofmaler Maria Theresias, Maximilian de Hase
(Haese, Hase), dürfte als Entwerfer dieser Reihe «im Genre Wouwermans^ in Frage
kommen. Die Serie beginnt mit einer Pferdetränke, es folgt der Aufbruch der Truppen
zum Hafen; die Darstellungen der Feldzugsfreuden, Spielen, Trinken, Gesellige Unter-
haltung, bilden die Fortsetzung, ein Pferdeappell schließt die Reihe.

Peter van der Borght betreibt seit 1756 seine Manufaktur in dem in der Pfarrstraße
gelegenen Hause zum Goldenen Engel.

Sein Bruder Johann Franz van der Borght überlebt ihn fast ein Jahrzehnt (f 1772).
Erzeugnisse seiner Manufaktur sind selten. Wahrscheinlich arbeitet er gemeinsam mit
Peter und Franz; verschiedene Folgen tragen zudem die Bezeichnung V. D. BORGHT,
unter Weglassung des Vornamens, so daß eine Klarstellung des Lebenswerkes des
Johann Franz Schwierigkeiten bereitet.

Jakob van der Borght, sein Sohn, setzt die Manufaktur fort. Mit ihm stirbt der
letzte Brüsseler Wirker von Bedeutung. Es fehlt Meister Jakob nicht an Anerkennungen
jeder Art. Der Generalstatthalter, Karl von Lothringen, verschafft ihm den ehrenvollen
Titel eines Direktors der niederländischen Tapisseriefabrik Seiner Majestät. Die Ver-
leihung bleibt letzten Endes nur ein Eitelkeitspflaster, eine schöne Geste, sie ersetzt in
keiner Weise die erforderliche geldliche Hilfe.

Mit dem Erlöschen der Manufaktur des Daniel Leyniers übernimmt Jakob van der
Borght die brotlos gewordenen W irker, die oft genug gemeinsam für die befreundeten
Betriebe tätig gewesen waren.

Die Bemühungen Meister Jakobs, die Brüsseler Bildwirkerei nach Art der Gobelins
zu reorganisieren, billige Hilfskräfte aus den Findelhäusern einzustellen und anzulernen,
kurz verbilligende Geschäftsniethoden zu finden, die eine Konkurrenz mit den auslän-
dischen Manufakturen ermöglichen, sind nicht ohne Interesse.

Die Idee, geeignete Lehrlinge öffentlichen Waisenanstalten zu entnehmen, ist nicht
neu. Wir finden sie schon in der Frühzeit, wenn es gilt, die Bildteppichwirkerei in
einem Orte erst einzuführen, wenn die Einheimischen kein rechtes Zutrauen zu der

26 Göbel, Wandteppiche.

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