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Brüssel

wegung, eine unausbleibliche Reaktion gegen des Kaisers rücksichtslosen, wenn auch
edel gemeinten Reformwillen, der vor religiösen und ständischen Fragen nicht zurück-
schreckt, vor Dingen, die von jeher das Blut der freiheitsliebenden, starrköpfigen Be-
völkerung zum Sieden brachte, hat Erfolg. Am 26. Oktober 1789 erleiden die Öster-
reicher die beschämende Niederlage von Turnhout, im Dezember ist Brüssel verloren,
am 11. Januar 1790 erklären sich die österreichischen Erblande, nun die „Vereinigten
belgischen Staaten", frei und unabhängig. Jakob van der Borght erlebt noch den Ein-
fall der Franzosen nach der unglücklichen Schlacht von Jemappes (7. XI. 1792) und
ihre Vertreibung nach Dumouriez' Niederlage bei Neerwinden (18. Mai 1793). Am
13. Januar 1794 schließt der alte Junggeselle die Augen. Mit ihm geht der letzte be-
deutende Bildwirker Belgiens dahin. Mit dem Hause Burgund blüht die edle Kunst
auf, mit der Vertreibung der Nachkommen der Tochter Karls des Kühnen stirbt die
Bild wirkerei.

Vereinzelt werden in kleinen Ateliers noch Reparaturarbeiten vorgenommen, hier
und da auch Stuhl- und Sofabezüge neu gewirkt. Von Bedeutung sind diese Unter-
nehmungen nicht.

Trotz der Schwierigkeiten, mit denen Jakob van der Borght zu kämpfen hatte, ist
das von ihm nachgelassene Lebenswerk von achtungswerter Größe.

Aus dem Zusammenarbeiten des Jakob van der Borght mit Daniel Leyniers stammt
eine aus zwölf Teppichen bestehende Folge im österreichischen Staatsbesitz, die das
Bauern- und Fischerleben, den Seehandel, das Streiten der Soldateska in peinlich genau
durchgeführten, bildmäßig behandelten Teppichen vor Augen stellt. Sechs Behänge
sind ohne Meisternamen, vier sind IAC. V. D. BORGHT signiert, einer P. V. D. BORGHT,
einer D. LEYNIERS.

Vereinzelte Teppiche der Reihe, mit der Signatur unseres Meisters, sind hier und da
im Kunsthandel aufgetaucht.

Zu den charakteristischen Behängen der van der Borghtschen Manufaktur zählen die
alttestamentlichen Szenen. Eine gute, wenn auch nicht vollständige Reihe besitzt das
Aachener Münster. Wir finden den Sieg über die Amalekiter, die heimkehrenden Bot-
schafter mit der legendären Traube, den Mannaregen und die opferwilligen Frauen
Judas, die kostbares Gerät und Schmuck zum Bau der Stiftshütte darbringen; der erste
und letzte Behang tragen außer der Brüsseler Marke den Wirkernamen IAC. V. D.
BORGHT.

Die Folge stammt möglicherweise aus dem Nachlasse Meister Jakobs. Gelegentlich
des Monarchenkongresses vom Jahre 1818 stellte der holländische Händler Karl van
Schorel die Reihe zum Verkaufe. Das Interesse der hohen und höchsten Herrschaften
war jedoch ein so geringes, daß der Kaufmann, um nicht noch den Rücktransport
zahlen zu müssen, dem Aachener Münster kurzerhand die Teppiche unter der Bedingung
schenkte, daß an seinem Namenstage der Chor mit den Behängen zu schmücken sei.
Die Verpflichtung wurde zu Ende der zwanziger Jahre durch die Summe von 500 Thalern
abgelöst, die dem in Not geratenen van Schorel auf sein Ersuchen zur Verfügung ge-
stellt wurde (168).

Die Bordüre zeigt einen Rahmen in denkbar trockenster Auffassung.

«Die heimkehrenden Botschafter aus dem gelobten Lande" besitzt in einer Wieder-
holung mit wesentlich dekorativerer Bordüre die Münchener Kunsthandlung L. Bern-
heimer. Es müssen also zum mindesten zwei Serien bestanden haben.

In Ergänzung der von Franz van der Borght für die Sankt Gudulakirche gelieferten
zwei Bildteppiche mit der Hostienlegende arbeitet Meister Jakob eine aus vier Be-
hängen bestehende Reihe, die die wenig duldsame Fabel weiterspinnt. Die Stücke
werden 1785 von dem Kirchenkapitel bestellt, der Preis für jeden Behang beläuft sich
auf 2000 fr. Die Patronen zeichnet de Haese.

A. Wauters erwähnt ferner eine Mosesgeschichte — in den Kartons wohl identisch
mit der von Daniel Leyniers für den Marschall von Sachsen 1746 gelieferten Folge —,
die Meister Jakob für das Franziskanerkloster fertigt, ferner eine Kopie der Alexander-

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