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Brüssel

van Orley kommt für ihn aus zeitlichen Gründen nicht in Betracht. Er schreibt die
1507 datierten Triumphe nach Petrarca im Londoner Viktoria und Albert Museum
gleichfalls Meister Philipp zu. Nach der Wauterschen Genealogie der Orleyschen Fa-
milie (171) ist Philipp als erstes Kind Valentins van Orley und der Margarete van
Pynbroeck frühestens 1-491 geboren; er war also 1507 erst 16 Jahre alt. Die Annahmen
in bezug auf Philipp van Orley und seinen berühmteren Bruder Bernard stützen sich
im wesentlichen auf die Tatsache, daß Valentin van Orley aus seinen Ehen Söhne be-
sitzt, deren Vornamen mit denen der beiden Meister übereinstimmen. Bedenkt man
die Häufigkeit, mit der diese Namen um die Wende des 15. Jahrhunderts vorkommen,
so ist die Basis zum mindesten eine schwankende. Mit dem gleichen, vielleicht mit
größerem Rechte könnte man für den Wirker Leo einen van den Hecke annehmen.
Meister Leo van den Hecke ist urkundlich als Inhaber einer Großmanufaktur einwand-
frei bezeugt, er arbeitet noch um 1560. Wir finden fast als Regel die Gewohnheit,
daß der älteste Sohn den Vornamen des Vaters erhält. Zweifelsohne spricht weniger
die Tradition mit, es handelt sich um einen unschwer zu erratenden Geschäftsbrauch.
Die Wahrscheinlichkeit liegt immerhin vor, daß ein Leo van den Hecke den Herkin-
baldbehang gewirkt hat.

Verschiedene Autoren (172) stehen der Wauterschen Theorie, die Bernard und Phi-
lipp van Orley zu Söhnen des Valentin macht, zweifelnd gegenüber, zumal ältere
Biographen Bernards Geburtsjahr in den Beginn der 70 er Jahre des 15. Säkulums
verlegen und ihn als einen Sohn des Everard van Orley und der Barbe Taye aus-
geben. Noch weniger geklärt sind die persönlichen Verhältnisse Meister Philipps.

Die Tätigkeit des Nikolaus van Orley (Orle), der um die Mitte des 16. Jahrhunderts
als Patronenmaler arbeitet, ist in meiner Abhandl ung über Moritz und Jakob de Carmes
geklärt, wenigstens soweit es sich um seinen Aufenthalt in Stuttgart handelt (173).
Nikolaus wendet sich später nach Köln, den Rest seiner Tage beschließt er in Franken-
thal in der Pfalz, er stirbt zwischen 1586 und 1591. Nach seinem Ableben weilt die
Witwe Maria Moys noch längere Zeit am Orte. Es war anzunehmen, daß eine Durch-
sicht der umfangreichen Ratsprotokolle Aufschluß über die verwandtschaftlichen Be-
ziehungen des verstorbenen Nikolaus bringen würde, zumal die Frankenthaler Stadt-
behörden außerordentlich peinlich mit der Prüfung der ehelichen Abkunft der An-
siedler verfuhren.

Die Rats- und Gerichtsprotokolle der Jahre 1589—92 enthalten tatsächlich einen ent-
sprechenden Vermerk. Am 26. IV. 1591 erklärt Maria Moys, daß aus ihrer Ehe mit
Nikolaus van Orley die noch lebenden Kinder Elisabeth, Mathys, Abraham und Jan-
neken stammen. Für die eheliche Geburt legen Zeugnis ab die Wirker Eberhard van
Heyst — 68 Jahre alt — und Jan van den Bosche — im gleichen Alter —. Der erstere
erklärt, Nikolaus und seine Frau hätten vor ihrer Trauung in Brüssel gewohnt. Maria
Moys sei Angehörige der St. Georgenpfarre, Nikolaus van Orley Mitglied der St. Gu-
dulagemeinde gewesen. Der Vater des Nikolaus sei Gomar von Orley, der Vater seiner
Gattin sei Paulus Mois (Moys). Eberhard van Heyst sei selbst Hochzeitsgast gewesen. Der
Wirker Jan van den Bosche fügt hinzu, daß Nikolaus van Orley in Brüssel ihm gegen-
über gewohnt hätte. Zugleich werden die verwandtschaftlichen Verhältnisse Eber-
hards van Oi'ley, eines der angesehensten Mitglieder der Frankenthaler Kolonie, er-
örtert. Eberhard ist Patronenmaler wie sein verstorbener Onkel Nikolaus. Er betreibt
außerdem ein größeres Bildwirkeratelier. Der Vater Eberhards ist nach Aussage van
Heysts Meister Philipp van Orley, der vor mehr als 30 Jahren, also um 1550—1555,
das Zeitliche segnete. Die Mutter Eberhards, Elisabeth Oynens, lebte noch, sie hei-
ratete in zweiter Ehe Jan de Witte. Philipp van Orley und seine Frau Elisabeth
wohnten nach Angabe des Jan van den Bosche in der Hochstraße zu Brüssel.

Da aus den Ehen Valentins van Oi'ley mit Margarete van Pynbroeck (13. Mai
1490) und Barbe van Cappenberghe (26. April 1502) vier Söhne entsprossen:
Philipp, Bernard, Everard und Gomar, so liegt die Vermutung nahe, daß die

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