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Brüssel

Staatsmanufaktur verlockend erscheinen. Er siedelt in die Gobelins über, wo er bis
zu seinem am 3. September 1674 erfolgten Tode als Jagdmaler tätig ist.

Bei einzelnen Künstlern sind die Angaben schwankend und unklar, so bei Anton
Goubau (geb. 1616, gest. 1698), den Papebrochius in seinen Antwerpener Annalen als
hervorragenden Tapetenmaler rühmt

Auf die Bedeutung des bekannten Utrechter Porträt-, Historien- und Genremalers
Gerritt van Honthorst als Patronenmaler, ist gelegentlich der Besprechung der Folge
der Herren und Herrinnen aus dem Hause Nassau bereits verwiesen worden. Der
Künstler scheint umfangreiche Entwürfe für die Delfter, möglicherweise auch für die
Brüsseler Manufakturen gearbeitet zu haben. Verschiedene Teppichfolgen erinnern in
der Stilauffassung und den Details, so namentlich in den Brokatmustern, stark an
Honthorstsche Gemälde.

Es erscheint fraglich, ob Jan van Huchtenberg, der Mitarbeiter Le Bruns und
Van der Meulens, in seiner Heimat sich bereits mit dem Malen von Bildteppich-
patronen abgegeben hat. Der Künstler steht 1708—1709 im Dienste des Prinzen Eugen
von Savoyen. Ob die von ihm entworfenen Darstellungen der Siege und Schlachten
des Helden in eine Bildteppichreihe übertragen wurden, ist mit Sicherheit nicht zu
ermitteln. Teppichfolgen, die starke Anklänge an seine Reitergefechte, Jagden und
Lagerszenen aufweisen, sind nicht selten.

Peter Jjkens, der Antwerpener Porträt- und Historienmaler, hat sich nachweislich
mit Patronenmalerei beschäftigt. Am 18. Mai 1689 verpflichtet sich der Meister, die
Le Brunsche Alexanderfolge für eine aus sechs Teppichen bestehende Reihe umzuarbeiten.
Um ein einfaches Kopieren scheint es sich nicht gehandelt zu haben. Die Höhe der
Vergütung — 1111 Gulden — spricht gegen eine derartige Annahme.

Noch ungeklärt ist die Brüsseler Tätigkeit des bekannten Schlachtenzeichners Adarn
Franz van der Meulen, der um 1665 auf Grund einer Empfehlung Le Bruns an die
Gobelins berufen wird. Die Zeit von etwa 1655—1665 dürfte mit den Entwürfen
verschiedener Bildteppichfolgen ausgefüllt sein, die den Ruf des Meisters begründen
und seine Berufung an die französische Staatsmanufaktur rechtfertigen. Vielfach werden
Brüsseler Feldzugsfolgen Meister Adam Franz zugeschrieben. Die Skrupellosigkeit, mit
der Stiche van der Meulens kurzerhand von Brüsseler Patronenzeichnern kopiert wurden,
mahnt zur Vorsicht.

Die vorläufige Zusammenfassung der Kartonzeichner Brüssels und Antwerpens stellt
einen, allerdings mit unzulänglichen Mitteln unternommenen Versuch dar, wenigstens in
großen Zügen einen Überblick über die Entwicklung der Patronenmalerei, beginnend
mit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, bis zum Erlöschen der Bildteppichwirkerei,
zu geben. Klar hebt sich die große van Roome-Orleygruppe mit ihren Ausläufern
heraus. Die religiösen Wirren um die Mitte des 16. Jahrhunderts, noch mehr der stets
wachsende Einfluß der Antwerpener Pant lassen Brüssel gegenüber der Scheldemetro-
pole stark in den Hintergrund treten. Das letzte Drittel des 16. Säkulums zeigt ein
eigenartiges, unsicheres Fluktuieren zwischen den beiden Städten. Die fabrikmäßige
Aufmachung gewisser Großmanufakturen verlangt Spezialzeichner, die sich in erster
Linie in dem Brennpunkte des Teppichhandels, in Antwerpen, niederlassen.

Die Rubensschule versetzt den Epigonen der Brüsseler Patronenmalerei den Todes-
stoß; die Nachfolger des großen Meisters sorgen jahrzehntelang dafür, daß die ebenso
ehrenvolle wie lukrative Kunst der Scheidestadt erhalten bleibt.

Erst die Errichtung der Brüsseler Pant und der Rückgang der Antwerpener Bild-
teppichwirkerei schaffen eine neue, wenn auch stets schwankende Grundlage für eine
in der Hauptstadt Brabants heimische Schule, die stark beeinflußt von den Erzeug-
nissen der Pariser Staatsmanufaktur, in erster Linie von der Kunst Le Bruns, eine ge-
wisse Selbständigkeit zu gewinnen und den Kampf mit der immer drückender sich
gestaltenden ausländischen Konkurrenz aufzunehmen sucht. Von stärkerer Eigenart sind
mitunter die Landschafts- und Gartenteppiche, die dem Geschmacke der* Zeit folgend,

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