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Antwerpen

Der Nachtrag vom 22. IV. 1697 bringt schließlich: Nr. 188 „Neufs paisages et oiseaux,
fabrique d'Anvers, dans une bordure d'un entrelas de rubans gris de lin, blanc et
bleu, aiant par le milieu du haut, du bas et des cötös, les armes de feue Mademoiselle
d'Orlöans Montpensier, et par les coins ses chiffres couronnees"; Nr. 192 „Sept verdures,
paysage et petits personnages, fabrique d'Anvers, dans une bordure qui est une cor-
niche, par le hault, Celles des cötes et d'en bas remplies de fleurs, fruits, enfants et
cartouches". Schon mehrfach wurde das Urteil des bekannten Pariser Sachverständi-
gen herangezogen, der in den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts den flämischen
Bildteppichwerkstätten einen eingehenden Besuch abstattete. Sein Gutachten lautet in
der Einführung durchaus schmeichelhaft: «Anvers ne cede aucunement ä Bruxelles
pour l'antiquite de sa fabrique; autrefois eile ne faisoit que des verdures qui ont 6t6
jug^es les plus belles de l'Europe." „Mais depuis eile est tombee dans un goüt jau-
nätre et approchant d'un morne qui dögoüte", fährt der Meister fort; augenscheinlich
schweben ihm die kleinfigurigen, allzusehr detaillierten gelbbraunen Jagdteppiche vor,
die Antwerpen zu Beginn des 17. Säkulums in Massen herstellte. Auch die technische
Durchführung erregt sein Mißfallen: «Les personnages y sont mal dessin^s, n'ayant point
de correctures outre cela, une fabrique mal conduite, les uns resserrant l'ouvrage, les
autres le lächant, ce qui cause de grandes difficultöz ä tendre leurs tentures". Der Vor-
wurf ist scharf, vielleicht aber berechtigt. Der allzu gesteigerte fabrikmäßige Betrieb
machte die Einstellung auch weniger geübter Kräfte zur Notwendigkeit; eine ungleiche
Arbeit, die die Güte der Behänge stark beeinträchtigte — die Teppiche wiesen durch
den schlecht gelegten Einschlag Beulen auf, die Gesichtszüge erschienen nach Abnahme
vom Gezeuge verzerrt — war die logische Folge. Die Mißstände scheinen zu Ende
des 17. Jahrhunderts zum Teil behoben zu sein. „A prösent ses ouvriers, plus eclairez,
la rendent plus (ügale et moins desseichöe; leur chaine est souvent vicieux (minder-
wertig); l'ouvrage en devient plus mol, et le teint n'en est pas pour cela meilleur;
aujourd'hui leurs couleurs, quoique beaucoup plus belies qu'elles n'etoient au temps
passö, mais mal employes, rendent leurs personnages d'une maniere irröguliere". Be-
merkenswert erscheint der Schlußsatz: «Ce qui trompe avec d'autant plus de facilitö
c'est qu'ils prennent pour originaux des copies de Bruxelles^ (15).

Die Prüfung der uns erhaltenen Antwerpener Folgen straft, zu mindestens soweit es
sich um Zeichnung und technische Durchführung handelt, den Pariser Meister, der
eine immerhin verständliche Abneigung gegen die flämischen Konkurrenzbetriebe ver-
rät, Lügen. Eine der charakteristischen Antwerpener Renaissancereihen befindet sich
im bayrischen Staatsbesitze. Es handelt sich um die Taten des Herkules und die zu-
gehörige Wappenfolge. Beide Serien entstammen dem gleichen Atelier; die Zeit der
Ausführung liegt zwischen den Jahren 1565 — Herzog Albrecht V. beabsichtigt „dy
forze Herculis" in Wolle wirken zu lassen — und 1579. Das Inventar des Dachauer
Lustschlosses vom 14/15. August 1579 vermerkt „14 Plab (Blau) und Weiße Tapecerey
von Hercules vnd Samsamb (Samson), 10 Ciain Fenster Tapecerey dazu gehörig,
8 Khüss (Kissen) Tapecerey mit dem Bayerischen Wappen" (16). Ober die Art der
Verwendung besteht kein Zweifel; die Figurenteppiche deckten die Wände des 1564
ausgebauten großen Dachauer Schloßsaales, die Wappenwirkereien füllten die Fenster-
brüstungen. Bereits in den ersten Jahren des 17. Säkulums wechseln die Behänge den
Standort; 1613 besichtigt Philipp Hainhofer, der Kunstberater des pommerschen Her-
zogs Philipps IL, im Münchener Residenzschlosse den „saal vor des Churfürsten Zimmer
mit den forze di Hercule blaw in weis gewürcket behenget" (17). Die Folge scheint
eine beträchtliche Erweiterung erfahren zu haben. Das „Inuentarium" von 1638 nennt:
„13 Stuckh Herculis von Plau und weißem Garn, 10 Stuckh deiner, für die fenster.
Wiederumb 11 Stuck vom Hercule, von floret vnd Garn" (18).

Die Materialienangabe der letztgenannten Folge läßt die Zusammengehörigkeit mit
den Antwerpener Arbeiten zweifelhaft erscheinen. Außer Wolle (Garn) wird auch
Seide (floret) erwähnt, während die uns bereits bekannten Behänge lediglich Wollen-
einschlag verwenden. Eine Nachprüfung ist nicht mehr möglich. Die elf Teppiche

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