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Oudenaarde
ein, der Hand in Hand geht mit dem langsamen Wiederaufblühen der Manufakturen.
Es ist ganz ohne Belang, wenn nach der von dem Doyen Jan van Coppenole vor-
gelegten Aufstellung vom Jahre 1621 im Laufe der letzten Zeit vier Gesellen nach
England übergesiedelt sind.
1625 erläßt die Regierung aus militärischen und handelspolitischen Gründen das
Einfuhrverbot der deutschen überarbeiteten Rohwolle, „geplotte wuhV*, die von alters
her in großen Mengen aus Hessen, Braunschweig, Thüringen, Pommern und anderen
Gauen in die großen Tapisseriezentren verschickt wird. Dem scharfen Proteste der
Wirkerstädte Flanderns schließt sich auch Oudenaarde an und entsendet nach Brüssel
außer dem Doyen der Gilde, Jan van Coppenole, die Vertreter der ältesten Manufakturen
der Stadt, sämtlich Meister, die seit 30 bis 60 Jahren ihre Ateliers ununterbrochen im
Betriebe halten. Wir finden Anton und Jan Robbins, Josse van den Hende, Peter de
Caluwe, Anton Blommaert, Godefroi Lerman, Peter und Daniel Coppenole sowie Lukas
van den Broucke. Die Ausführungen der Deputation sind nicht ohne Interesse. Wir
hören, daß Oudenaarde völlig von der Verarbeitung deutscher Wolle abhängig ist,
die seit einem halben Jahrhundert Verwendung findet. Im Falle der Aufrechterhaltung
des Verbotes müsse die Hälfte der Betriebe stillgelegt werden. Die Maßnahme sei
um so bedenklicher, als gerade jetzt Holland und England mit allem Eifer die Ein-
führung der Wirkereikunst in ihren Gebieten anstrebten. Der Stadtpensionär Van den
Broucke wird außerdem ermächtigt, der kaiserlichen Finanzverwaltung zu Brüssel mit
entsprechendem Zahlenmaterial an Hand zu gehen. Nach seinen Angaben arbeiten in
Oudenaarde und Umgebung rund 20000 Menschen in Wirkereibetrieben. Die Ver-
handlungen ziehen sich zwei Jahre hin; schließlich genehmigt die Regentin, Erzherzogin
Isabella, am 26. März 1627 wieder die Einfuhr der deutschen Wollen. Immerhin ist
der den Oudenaarder Manufakturen erwachsene Schaden nicht unbeträchtlich.
Trotz der vielen Schwierigkeiten, die die politische und wirtschaftliche Lage Flanderns
mit sich bringt, ist ein Anwachsen der Betriebe bemerkbar.
Die Verwickelungen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bringen einen Rück-
schlag. Die hohen Kontributionen, die andauernd starke militärische Belegung der
Stadt, wirken wenig günstig auf Handel und Verkehr. Die zügellose Soldateska geht
mit der großen Masse der proletarisierten Wirker Hand in Hand; Ausschreitungen und
Schlägereien sind an der Tagesordnung.
Die Lasten gestalten sich derart drückend, daß in der Eingabe vom 26. XII. 1654
mit Recht darauf hingewiesen wird, bei weiterer Anspannung sei der finanzielle Ruin
der Stadt unabwendbar. Allein die Unterhaltung der Truppen des Don Antonio de
Fortado hätte der Bürgerschaft im Verlaufe der letzten sechs Monate nicht weniger
als 100000fl. gekostet; etwa 100 Familien seien bereits ausgewandert, nunmehr drohten
auch die Großwirker der Stadt den Rücken zu kehren. Die Kurzsichtigkeit der Re-
gierung ist, selbst bei Berücksichtigung der militärischen Lage, kaum zu verstehen.
1655 siedelt Franz de Moor, einer der angesehensten Unternehmer, mit seinem gesamten
Betriebe nach Gent über, das ihm mit Privilegien und sonstigen Vorteilen in weitest-
gehender Weise entgegenkommt. Jan d'Olieslaegher und Daniel Coppenolle folgen
seinem Beispiele; andere wandern nach Frankreich, Deutschland und England aus.
Die mehr als zehnjährige französische Herrschaft bringt der Stadt insofern eine
Förderung, als das Wirkerei-Einfuhrverbot nach Frankreich aufgehoben wird. Ver-
schiedene Unternehmer benutzen die neue Konstellation — das alte Hauptabsatzgebiet
Deutschland kommt kaum mehr in Frage — und gründen in Paris ein gemeinsames
Magazin, das den Vertrieb ihrer Erzeugnisse in großzügiger Weise regelt. Der Plan
findet in Oudenaarde allgemeinen Anklang, fast alle größeren Wirker schließen sich
dem Unternehmen an. Wir finden die Namen des Jan vanVerren, Peter van Coppenolle,
Jan van der Stichelen, Jan Blommaert, Jakob van de Kerchove, Joannes de Vriese,
David Brant d. J., Abel Beghelbrugge, Daniel Maille, Anton de Bis, Jan Baert, Jakob
de Bock, Jacobus van Coppenolle — im Namen seiner Mutter, der Witwe des Peter
van Coppenolle —, Anton Blommaert, Peter van Verren, der Witwe Joos de Vriese
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Oudenaarde
ein, der Hand in Hand geht mit dem langsamen Wiederaufblühen der Manufakturen.
Es ist ganz ohne Belang, wenn nach der von dem Doyen Jan van Coppenole vor-
gelegten Aufstellung vom Jahre 1621 im Laufe der letzten Zeit vier Gesellen nach
England übergesiedelt sind.
1625 erläßt die Regierung aus militärischen und handelspolitischen Gründen das
Einfuhrverbot der deutschen überarbeiteten Rohwolle, „geplotte wuhV*, die von alters
her in großen Mengen aus Hessen, Braunschweig, Thüringen, Pommern und anderen
Gauen in die großen Tapisseriezentren verschickt wird. Dem scharfen Proteste der
Wirkerstädte Flanderns schließt sich auch Oudenaarde an und entsendet nach Brüssel
außer dem Doyen der Gilde, Jan van Coppenole, die Vertreter der ältesten Manufakturen
der Stadt, sämtlich Meister, die seit 30 bis 60 Jahren ihre Ateliers ununterbrochen im
Betriebe halten. Wir finden Anton und Jan Robbins, Josse van den Hende, Peter de
Caluwe, Anton Blommaert, Godefroi Lerman, Peter und Daniel Coppenole sowie Lukas
van den Broucke. Die Ausführungen der Deputation sind nicht ohne Interesse. Wir
hören, daß Oudenaarde völlig von der Verarbeitung deutscher Wolle abhängig ist,
die seit einem halben Jahrhundert Verwendung findet. Im Falle der Aufrechterhaltung
des Verbotes müsse die Hälfte der Betriebe stillgelegt werden. Die Maßnahme sei
um so bedenklicher, als gerade jetzt Holland und England mit allem Eifer die Ein-
führung der Wirkereikunst in ihren Gebieten anstrebten. Der Stadtpensionär Van den
Broucke wird außerdem ermächtigt, der kaiserlichen Finanzverwaltung zu Brüssel mit
entsprechendem Zahlenmaterial an Hand zu gehen. Nach seinen Angaben arbeiten in
Oudenaarde und Umgebung rund 20000 Menschen in Wirkereibetrieben. Die Ver-
handlungen ziehen sich zwei Jahre hin; schließlich genehmigt die Regentin, Erzherzogin
Isabella, am 26. März 1627 wieder die Einfuhr der deutschen Wollen. Immerhin ist
der den Oudenaarder Manufakturen erwachsene Schaden nicht unbeträchtlich.
Trotz der vielen Schwierigkeiten, die die politische und wirtschaftliche Lage Flanderns
mit sich bringt, ist ein Anwachsen der Betriebe bemerkbar.
Die Verwickelungen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bringen einen Rück-
schlag. Die hohen Kontributionen, die andauernd starke militärische Belegung der
Stadt, wirken wenig günstig auf Handel und Verkehr. Die zügellose Soldateska geht
mit der großen Masse der proletarisierten Wirker Hand in Hand; Ausschreitungen und
Schlägereien sind an der Tagesordnung.
Die Lasten gestalten sich derart drückend, daß in der Eingabe vom 26. XII. 1654
mit Recht darauf hingewiesen wird, bei weiterer Anspannung sei der finanzielle Ruin
der Stadt unabwendbar. Allein die Unterhaltung der Truppen des Don Antonio de
Fortado hätte der Bürgerschaft im Verlaufe der letzten sechs Monate nicht weniger
als 100000fl. gekostet; etwa 100 Familien seien bereits ausgewandert, nunmehr drohten
auch die Großwirker der Stadt den Rücken zu kehren. Die Kurzsichtigkeit der Re-
gierung ist, selbst bei Berücksichtigung der militärischen Lage, kaum zu verstehen.
1655 siedelt Franz de Moor, einer der angesehensten Unternehmer, mit seinem gesamten
Betriebe nach Gent über, das ihm mit Privilegien und sonstigen Vorteilen in weitest-
gehender Weise entgegenkommt. Jan d'Olieslaegher und Daniel Coppenolle folgen
seinem Beispiele; andere wandern nach Frankreich, Deutschland und England aus.
Die mehr als zehnjährige französische Herrschaft bringt der Stadt insofern eine
Förderung, als das Wirkerei-Einfuhrverbot nach Frankreich aufgehoben wird. Ver-
schiedene Unternehmer benutzen die neue Konstellation — das alte Hauptabsatzgebiet
Deutschland kommt kaum mehr in Frage — und gründen in Paris ein gemeinsames
Magazin, das den Vertrieb ihrer Erzeugnisse in großzügiger Weise regelt. Der Plan
findet in Oudenaarde allgemeinen Anklang, fast alle größeren Wirker schließen sich
dem Unternehmen an. Wir finden die Namen des Jan vanVerren, Peter van Coppenolle,
Jan van der Stichelen, Jan Blommaert, Jakob van de Kerchove, Joannes de Vriese,
David Brant d. J., Abel Beghelbrugge, Daniel Maille, Anton de Bis, Jan Baert, Jakob
de Bock, Jacobus van Coppenolle — im Namen seiner Mutter, der Witwe des Peter
van Coppenolle —, Anton Blommaert, Peter van Verren, der Witwe Joos de Vriese
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