E n g h i e n
Immerhin muß die Teppichwirkerei in Enghien einen gewissen Umfang erreicht
haben; am 18. Oktober 1513 regelt ein Erlaß Philif ps von Kleve den Betrieb der
Manufakturen in der Stadt und der zugehörigen Herrschaft. Er bringt weder ver-
waltungstechnisch noch hinsichtlich der gewerklichen und künstlerischen Durchführung
der Wirkereien neue Gesichtspunkte. Von Bedeutung ist lediglich Absatz XIV, der
vorschreibt, daß jede fertiggestellte Arbeit dem Zunltvorsitzenden (Doyen) und den
Geschworenen vorgelegt und von diesen gemarkt werden muß. Es soll dem Unfug
gesteuert werden, der darin besteht, daß vielfach in Lessines, Viane, Grammont und
Gammerages Wirkteppiche fälschlich für Enghiener Erzeugnisse ausgegeben werden.
Das Absatzgebiet scheint sich in der Hauptsache auf die nähere Umgebung erstreckt
zu haben, in der verschiedene kleinere Orte sich gleichfalls mit der Herstellung von
Wirkereien, bisweilen zweifelhaften Wertes — es handelt sich in der Regel um Ver-
düren —, befaßten. Die Markung besteht in der üblichen Bleiplombe, die im vor-
liegenden Falle auf der einen Seite das Stadtwappen, auf der anderen ein E trägt.
Als Wolle wird die spanische und irländische vorgeschrieben, doch gelangt zweifellos
auch einheimische und deutsche Rohware zur Verwendung. Der Zunftheilige ist
Sankt Laurentius, dessen Altar ein prächtiges mit Gold- und Silberfäden durchwirktes
Antependium mit dem Martyrium des Glaubenszeugen schmückte. Besonders streng geht
der Erlaß gegen die Verwendung schlechter schwarzgefärbter Woll- und Seidenläden
vor; er bedroht die Gesellen, die dem Meister zum Schabernack oder im bösen Willen
den betreffenden Teppich durch ein derart angewirktes schlechtes Stück verderben,
mit hoher Geldstrafe. Der Fall, so seltsam diese Art Rache zu sein scheint, kommt
des öfteren vor; der betreffende Meister muß den erfolgten Mißbrauch durch seinen
Eid bekräftigen. Das Verbot schlechten schwarzeingefärbten Materials hat seinen
Grund in dem damals geübten Eisen-Gallus-Verfahren. Die Obrigkeit legt den größten
Wert auf einwandfreie Qualität; ähnlich wettern Bailli und Schöffen von Oude-
naarde gegen die Teufelsfarbe, das Indigo, und die Kochenille.
Am 5. Januar 1520 (n. St.) und 13. Apnl 1557 erscheinen weitere Verordnungen, die
den Erlaß in verschiedenen Punkten erläutern und erweitern.
Schon früh setzen die Handelsbeziehungen zwischen Enghien und Antwerpen ein.
Der Wirker Arnould le Mese steht 1508 mit dem Antwerpener Händler Heinrich van
der Sprot in Verbindung. Es entstehen Differenzen bei der Bezahlung einer nicht
näher benannten Folge von acht Behängen, die schließlich vor Gericht ausgetragen
werden (4). Donnet bringt in der mehrfach angezogenen Veröffentlichung weitere
Belege und Unterlagen (5).
Ein kräftiges Aufleben der Manufaktur Enghien setzt in den zwanziger Jahren des
16. Jahrhunderts ein. Die Generalstatthalterin Margarete von Österreich läßt am
27. August 1523 Meister Laureis Flaschoen (Flascoen) nach Brüssel kommen und betraut ihn
mit der Ausführung einer Serie von sechs Teppichen, zu der er selbst die Kartons zu
beschaffen hat. 4524 ist die Arbeit fertiggestellt «contenant 11° XXXIIII aulnes, faites
de bonne estouffe, armoy^e des armes de Madame, avec aultres beaulx ouvraiges."
Meister Lorenz läßt die Wappenteppiche von Enghien nach dem Bestimmungsorte,
der Kirche der Predigermönche zu Polfgny in Burgund, schaffen. Er bezieht einen
Einheitspreis von 18 sous de 2 gros für die Quadratelle. Das gleiche fromme Streben,
gewisse Kirchen und Klöster mit reichen Wirkereien auszustatten „afin que les reli-
gieux d'iceluy couvent fussent tenuz prier Dieu pour eile", veranlaßt Margarete 1525
Laureis Flascoen mit vier weiteren Wappenteppichen für das Chorgestühl des Kapitels
der Kirche St. Gommaii e in Lierre zu betrauen. Über die Art dieser Wirkereien
herrscht kein Zweifel, die von de Beaumont beschriebenen Wappenteppiche geben
hinreichenden Aufschluß. Pinchart erwähnt als weitere Arbeit des Meisters zwei 1528
an ein Genter Kloster gelieferte nicht näher erläuterte Teppiche. Im gleichen Jahre
(30. 1. 1528) beauftragt die Statthalterin den Wirker Heinrich van Lacke zu Enghien
mit der Anfertigung einer umfangreichen Verdürenreihe „de teile et semblable estouffe
qu'est la piece de tapisserie puis nagueres eue de lui", d. h. gemäß des zuvor gelie-
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Immerhin muß die Teppichwirkerei in Enghien einen gewissen Umfang erreicht
haben; am 18. Oktober 1513 regelt ein Erlaß Philif ps von Kleve den Betrieb der
Manufakturen in der Stadt und der zugehörigen Herrschaft. Er bringt weder ver-
waltungstechnisch noch hinsichtlich der gewerklichen und künstlerischen Durchführung
der Wirkereien neue Gesichtspunkte. Von Bedeutung ist lediglich Absatz XIV, der
vorschreibt, daß jede fertiggestellte Arbeit dem Zunltvorsitzenden (Doyen) und den
Geschworenen vorgelegt und von diesen gemarkt werden muß. Es soll dem Unfug
gesteuert werden, der darin besteht, daß vielfach in Lessines, Viane, Grammont und
Gammerages Wirkteppiche fälschlich für Enghiener Erzeugnisse ausgegeben werden.
Das Absatzgebiet scheint sich in der Hauptsache auf die nähere Umgebung erstreckt
zu haben, in der verschiedene kleinere Orte sich gleichfalls mit der Herstellung von
Wirkereien, bisweilen zweifelhaften Wertes — es handelt sich in der Regel um Ver-
düren —, befaßten. Die Markung besteht in der üblichen Bleiplombe, die im vor-
liegenden Falle auf der einen Seite das Stadtwappen, auf der anderen ein E trägt.
Als Wolle wird die spanische und irländische vorgeschrieben, doch gelangt zweifellos
auch einheimische und deutsche Rohware zur Verwendung. Der Zunftheilige ist
Sankt Laurentius, dessen Altar ein prächtiges mit Gold- und Silberfäden durchwirktes
Antependium mit dem Martyrium des Glaubenszeugen schmückte. Besonders streng geht
der Erlaß gegen die Verwendung schlechter schwarzgefärbter Woll- und Seidenläden
vor; er bedroht die Gesellen, die dem Meister zum Schabernack oder im bösen Willen
den betreffenden Teppich durch ein derart angewirktes schlechtes Stück verderben,
mit hoher Geldstrafe. Der Fall, so seltsam diese Art Rache zu sein scheint, kommt
des öfteren vor; der betreffende Meister muß den erfolgten Mißbrauch durch seinen
Eid bekräftigen. Das Verbot schlechten schwarzeingefärbten Materials hat seinen
Grund in dem damals geübten Eisen-Gallus-Verfahren. Die Obrigkeit legt den größten
Wert auf einwandfreie Qualität; ähnlich wettern Bailli und Schöffen von Oude-
naarde gegen die Teufelsfarbe, das Indigo, und die Kochenille.
Am 5. Januar 1520 (n. St.) und 13. Apnl 1557 erscheinen weitere Verordnungen, die
den Erlaß in verschiedenen Punkten erläutern und erweitern.
Schon früh setzen die Handelsbeziehungen zwischen Enghien und Antwerpen ein.
Der Wirker Arnould le Mese steht 1508 mit dem Antwerpener Händler Heinrich van
der Sprot in Verbindung. Es entstehen Differenzen bei der Bezahlung einer nicht
näher benannten Folge von acht Behängen, die schließlich vor Gericht ausgetragen
werden (4). Donnet bringt in der mehrfach angezogenen Veröffentlichung weitere
Belege und Unterlagen (5).
Ein kräftiges Aufleben der Manufaktur Enghien setzt in den zwanziger Jahren des
16. Jahrhunderts ein. Die Generalstatthalterin Margarete von Österreich läßt am
27. August 1523 Meister Laureis Flaschoen (Flascoen) nach Brüssel kommen und betraut ihn
mit der Ausführung einer Serie von sechs Teppichen, zu der er selbst die Kartons zu
beschaffen hat. 4524 ist die Arbeit fertiggestellt «contenant 11° XXXIIII aulnes, faites
de bonne estouffe, armoy^e des armes de Madame, avec aultres beaulx ouvraiges."
Meister Lorenz läßt die Wappenteppiche von Enghien nach dem Bestimmungsorte,
der Kirche der Predigermönche zu Polfgny in Burgund, schaffen. Er bezieht einen
Einheitspreis von 18 sous de 2 gros für die Quadratelle. Das gleiche fromme Streben,
gewisse Kirchen und Klöster mit reichen Wirkereien auszustatten „afin que les reli-
gieux d'iceluy couvent fussent tenuz prier Dieu pour eile", veranlaßt Margarete 1525
Laureis Flascoen mit vier weiteren Wappenteppichen für das Chorgestühl des Kapitels
der Kirche St. Gommaii e in Lierre zu betrauen. Über die Art dieser Wirkereien
herrscht kein Zweifel, die von de Beaumont beschriebenen Wappenteppiche geben
hinreichenden Aufschluß. Pinchart erwähnt als weitere Arbeit des Meisters zwei 1528
an ein Genter Kloster gelieferte nicht näher erläuterte Teppiche. Im gleichen Jahre
(30. 1. 1528) beauftragt die Statthalterin den Wirker Heinrich van Lacke zu Enghien
mit der Anfertigung einer umfangreichen Verdürenreihe „de teile et semblable estouffe
qu'est la piece de tapisserie puis nagueres eue de lui", d. h. gemäß des zuvor gelie-
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