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Götz, Rolf
Die Sibylle von der Teck: die Sage und ihre Wurzeln im Sibyllenmythos — Kirchheim unter Teck, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.16141#0011
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nem schwarzen Pudel. Ob er inzwischen gehoben wur-
de, ist uns nicht bekannt, aber vor etwa 150 Jahren, so
heißt es, ist eine Bissinger Familie über Nacht reich ge-
worden, und niemand hat je ergründen können, woher
der Reichtum kam. Wer weiß, vielleicht liegen hier Zu-
sammenhänge.

Die Höhle ist heute noch voller Rätsel. Seit Sibylle das
Land verlassen hat, sollen sich in hellen Adventsnächten
die Hexen der Umgebung im Sibyllenloch zum Tanz tref-
fen. Selbst der Schimmelreiter soll sich, den Kopf unter
dem Arm tragend, auf der Teck schon mehrmals gezeigt
haben.

Der „Sagenkranz" um die Sibylle von der Teck hat
schon immer Interpreten angezogen, die die Her-
kunft des Mythos ergründen wollten. Man forsch-
te nach den geschichtlichen Wurzeln und glaubte
sie in grauer Vorzeit finden zu können, und man
suchte nach einer Deutung für die ja nicht zu leug-
nende, eben nicht nur sagenhafte Spur, die man in
besonders heißen Sommern deutlich erkennen
konnte. Bei Grabungen an der Sibyllenspur in den
Jahren 1976 und 1982 fand der eine Teil der Sage
endlich eine Erklärung: Die Spur stellte sich als eine
durch Gräben befestigte Grenze aus der Römerzeit
heraus.

Es scheint an der Zeit zu sein, auch den anderen Teil
der Sage, den Mythos von der Sibylle, einmal mit
den Maßstäben der modernen kritischen Sagen-
forschung zu untersuchen. Denn wir haben uns
längst vom romantischen Glauben gelöst, daß die
Sagen - wie die Brüder Grimm es formulierten -
Überbleibsel von dem großen Schatze uralter deutscher
Volksdichtung darstellen oder daß in den Sagen so- Dw SjbyU mr<< im Uutertal zwischen Dettingen und
gar - wie manche Gelehrte der Folgezeit annahmen 0wffn M Grahungen in den jahren 1976 Undl982 stellte sieh
- letzte Spuren vorchristlicher Religionen gesichert dw rrSpur" als eine durch Graben befestigte Grenze aus der Rö-
werden könnten1. Wir wissen heute, daß die im 19. merzeit heraus. An ihrem östlichen Endekonnteein Kleinkastell
_._ (60 x 60 m) nachgewiesen werden.

1 Vgl. zum neuen Bild der Sage Klaus Graf: Sagen rund um Stutt-
gart, Karlsruhe 1995, S. 8-10, sowie iders.: Sagen - Kritische Gedan- A Fundberichte aus Baden-Württemberg 12 (1987),
ken zu Erzählungen aus dem Kirchheimer Raum, m: Schnttenrei- ^ .
he des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck, Bd. 22 (1998), S. 143-164. S. 411

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