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litterarisclien Revolution gegeben, jetzt wirkten die Ideeen,
die liier unter solchem Einflufs erwachsen waren, auf
England zurück, als das Evangelium Rousseaus vom natür-
lichen Menschen, der von der Kultur einer entarteten Ge-
sellschaft nicht berührt ist, hier Eingang fand. Zuerst
liefs der Roman seine Gestalten aus den Fürstenhöfen
herabsteigen und sich unter die breite Masse der bürger-
lichen Gesellschaft mischen. Noch zu Lebzeiten Popes
rührte Richardson die empfindsamen Seelen des gebil-
deten Europa zu Thränen durch das Schicksal der armen
Kamnierjungfer Pamela, wenn auch zum Schlüsse die
poetische Gerechtigkeit die Heirat mit dem reichen Lord
unausweichlich machte.

Mit demselben Entzücken las man allerwärts den
Yicar of Wakefield, und wir Deutschen wissen am besten,
wie sehr auch unsre Litteratur diesen Werken verpflichtet
ist. Oliver Goldsmith hat in dem besten seiner Ge-
dichte auch der Lyrik eine neue Bahn gewiesen. In
-seinem „Verlassenen Dorfe" gelang ihm zuerst der Ver-
buch, das Landleben treu zu schildern. Von ihm entfernt
und voll Sehnsucht nach ihm inmitten eines zerstreuten
Klub- und Gesellschaftslebens sah Goldsmith freilich nur
die eine idyllische Seite: Gesundheit, Frohsinn, Spiel und
Tanz. An diesen besten Stunden des Landlebens hatte
er selbst, der Pfarrerssohn, früher oft teilgenommen. Des-
halb zürnt er bereits den Reichen und Mächtigen um
ihrer selbstsüchtigen Zwecke willen. Das ganze Gedicht
ist ein Klageruf über die Verödung der Dörfer durch die
Bauernlegung, und seine Schilderung soll uns in eine
Zeit versetzen, „da Englands Leid noch nicht begann."
Er schilt sie, die den Bauern zwingen auszuwandern, und
-die weite gefahrvolle Reise übers Meer anzutreten: drüben
 
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