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— 110 —

Erst als Coleridge im September nach Yorkshire
kam und Wordsworth mit ihm zusammen einen Aus-
flug nach den Seeen machte, wirkte der Zauber der Land-
schaft so bestrickend auf beide Freunde — Coleridge
sah damals zum erstenmal die „ göttlichen Schwestern Gras-
mere und Eydal" —, dafs "Wordsworth der Gedanke,
hier seine Hütte aufzubauen, bald zur Gewifsheit wurde.
Im Praeludium schildert er uns diesen Entschlufs als eine
Art Eingebung: er erzählt, wie er unter einem Baume
im schattigen Verstecke auf der einsamen Farm über seine
Zukunft nachgedacht habe, wie da mit Plänen aller Art,
die ihm durch den Kopf gingen, plötzlich das Bild des
lieben bekannten Thaies von Grasmere und die kleine
Taubenhütte am Ende des Ortes mit unabweisbarer Klar-
heit vor sein inneres Auge getreten sind:

„Kein Bild nur aus Erinnerung schaut so schön;
Und wie ich hin nach der Erscheinung starrte,
Mit wachsendem Verlangen, ward Gewifsheit
Von höh'rer Macht mir als der Phantasie,
Dafs dort ein Werk des Ruhms von mir begonnen
Und dort vielleicht vollendet werde."

So ward der Entschlufs gefafst, der die Lehr- und
Wanderjahre unseres Dichters zum Abschlufs brachte; es
war eine Weihe zur Meisterschaft, die ihm in jener ein-
samen Stunde zu teil wurde. Bis gegen Weihnachten
dauerte es noch, ehe die Geschwister bereit waren, in
die alte Heimat überzusiedeln. Mitten im Winter, am
19. Dezember, machten sie sich auf, um in drei Tagen
den weiten Weg von Suckburn nach Grasmere über Bich-
mond und Kendal zu Fufs zurückzulegen. Es mutet uns
als ein Übermafs von Kraft an, was diese beiden Men-
schen zu der einsamen Winterwanderung antrieb. Das
 
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