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Mahnung, nur vou den lächelnden Lippen der Roxane, als von
einem Meisterstücke des Aktion.
Ein Maler der Renaissance, der ein solches Gemälde
aus solcher Beschreibung wieder erwecken wollte, fand eine
schwere Aufgabe vor, möchte sie uns auch als eine leichte er-
scheinen. Ich lasse hier auf sich beruhen, wie Raphael sie anders
zu lösen suchte, da von Raphael hier nicht die Rede ist. Ohne
die Uebersetzung der Stelle des Lucian würde die Komposition
Soddoma's uns heute vielleicht uicht gleich klar seiu. Die
Personificirung des „Hochzeitsgesanges", den Jünglinge und
Mädchen ausführten, durch eine einzige jugendliche Jünglings-
gestalt, bedarf für uns heute einer Erklärung. Die antike
Kunst faßte die Verkörperungen bloßer Gedanken realistischer
als mir.
Die Uebersetzung der Stelle Lucian's habe ich nach dein
Originale treu nachzubilden gesucht. Lucian hat etwas modern
Prickelndes in seiner Art. Er besitzt, freilich bei absoluter Ober-
flächlichkeit, diejenigen Eigenschaften, die unsere Feuilletonisten
bester Art heute zu beliebten Autoren machen. Sollte auffallen,
daß Alexander in Lucian's Beschreibung Roxane einen Kranz
darreicht, mährend er ihr auf dem Gemälde eine Krone ent-
gegenstreckt, so sei bemerkt, daß sich mit Krone und
mit Kranz übersetzen läßt. Man bemerke, wie frei Soddoma
die mit den Waffen spielenden Amoren behandelt. Wie er
den der Roxane den Schleier vom Haupte nehmenden, ihr
vielmehr das Gewand abnehmen läßt; wie er über dem
Bette einen ganzen Schwarm flatternder kleiner Genien er-
scheinen läßt und auch links die dienenden Frauen der jungen
Königin hinzusetzt. In all' diesen Dingen hat Raphael auf
seiner Komposition, die er niemals als Gemälde ausführte.
Mahnung, nur vou den lächelnden Lippen der Roxane, als von
einem Meisterstücke des Aktion.
Ein Maler der Renaissance, der ein solches Gemälde
aus solcher Beschreibung wieder erwecken wollte, fand eine
schwere Aufgabe vor, möchte sie uns auch als eine leichte er-
scheinen. Ich lasse hier auf sich beruhen, wie Raphael sie anders
zu lösen suchte, da von Raphael hier nicht die Rede ist. Ohne
die Uebersetzung der Stelle des Lucian würde die Komposition
Soddoma's uns heute vielleicht uicht gleich klar seiu. Die
Personificirung des „Hochzeitsgesanges", den Jünglinge und
Mädchen ausführten, durch eine einzige jugendliche Jünglings-
gestalt, bedarf für uns heute einer Erklärung. Die antike
Kunst faßte die Verkörperungen bloßer Gedanken realistischer
als mir.
Die Uebersetzung der Stelle Lucian's habe ich nach dein
Originale treu nachzubilden gesucht. Lucian hat etwas modern
Prickelndes in seiner Art. Er besitzt, freilich bei absoluter Ober-
flächlichkeit, diejenigen Eigenschaften, die unsere Feuilletonisten
bester Art heute zu beliebten Autoren machen. Sollte auffallen,
daß Alexander in Lucian's Beschreibung Roxane einen Kranz
darreicht, mährend er ihr auf dem Gemälde eine Krone ent-
gegenstreckt, so sei bemerkt, daß sich mit Krone und
mit Kranz übersetzen läßt. Man bemerke, wie frei Soddoma
die mit den Waffen spielenden Amoren behandelt. Wie er
den der Roxane den Schleier vom Haupte nehmenden, ihr
vielmehr das Gewand abnehmen läßt; wie er über dem
Bette einen ganzen Schwarm flatternder kleiner Genien er-
scheinen läßt und auch links die dienenden Frauen der jungen
Königin hinzusetzt. In all' diesen Dingen hat Raphael auf
seiner Komposition, die er niemals als Gemälde ausführte.