Unheil der Schwanenbrut
Malatestas Botschaft durch die Straßen flog. Die Bürger stürmen zusammen, um mit den
Waffen in der Hand Malatesta seines Amtes zu entsetzen. In zwei Feldlager teilte sich die
Stadt. Dort die Regierung im alten Florenz, wo Tod den Verrätern geschworen wird, hier
der General in der südlichen Stadt, mit seinen Soldaten in der Position, die Bürger zurückzu-
schlagen. Zwischen beiden der Fluß, dessen Brücken das Schlachtfeld geliefert hätten wie vor
Jahrhunderten, als die letzten Familien des alten Adels an den Brücken die Bürger erwarteten.
Ganz andere Nachrichten aber, als jeder erwartet, treffen da ein. Eine Schlacht ist geschlagen,
Ferrucci hat gesiegt, Oranien ist gefallen! Ungeheurer Jubel erfüllt die Bürger und erneute
Zuversicht, während Malatesta und die Seinigen plötzlich gefügig werden.
Aber Ferrucci kam nicht. Die Schlacht hatte er gewonnen, Oranien war getötet, beides Ferruccis Sieg
wahr, aber das Glück hatte sich gewandt im Laufe des Tages, und Ferrucci war tot wie sein “"d™
Gegner.
Der Regierung gibt Malatesta einfach Bericht, was geschehen war. Die Herren geraten in
solche Wut, daß sie den Träger der Botschaft mit gebundenen Händen zurückpeitschen lassen
wollen. Ruhiger geworden, beschließen sie eine schriftliche Antwort. Malatesta solle sie zum
Kampfe führen, seine Ehre verlange es. Malatesta kommt darauf um seine Entlassung ein.
Es wird beschlossen, diesem Gesuche zu entsprechen. Die Schriftstücke sind vom 8. August.
In der ehrenvollsten Form wird ihm der geforderte Abschied erteilt und zugleich in festen
Worten anbefohlen, mit den Truppen die Stadt zu räumen. Jetzt gerät er in Wut. Demjenigen,
der das Schreiben der Regierung überbringt, stößt er seinen Dolch in die Brust. Die Bürger-
schaft, die auf jedes geringste Ereignis ein scharfes Auge hat, erhebt sich, um diesen Frevel
zu rächen. Der Gonfalonier legt die Waffen an, und vorwärts auf die Brücken soll es losgehen,
auf die von der anderen Seite Malatesta die Kanonen richten läßt, während er die Tore den
Banden Ferrante Gonzagas zu öffnen droht.
Der Kampf in der Stadt sollte beginnen. Es wurde nur noch der Gonfalonier erwartet: daß
er, zu Pferde steigend, das Zeichen zum Sturm auf die Brücken gäbe. Da im äußersten Momente
wird ihm von seinem Freunde eingeredet, den letzten Versuch friedlicher Unterhandlung zu
wagen.
Girolami gab nach, und das entschied.
Zu sterben waren die Bürger bereit gewesen; aber noch einmal warten, erst nach ein paar Das Ende der
Tagen kämpfen? Vielleicht, wenn sie nicht so völlig ausgehungert gewesen wären, hätten sie ,fy™ "°"
es vermocht. Plötzlich aber versagt ihnen die Kraft. Aus dem Palaste wird ein Bürger an Mala-
testa abgesandt. Die Nacht brach ein. Die Bürger sollten auf dem Platze unter den Fahnen zu-
sammentreten, um die Wachen zu beziehen. Sie kamen nicht. Eine Erschlaffung war ein-
getreten, die wie der Schlaf nach vielen durchwachten Nächten bleiern auf den Leuten lastete,
daß sie, starr mit ansehend, was geschah, sich nicht mehr regten, um es zu hindern.
Einsam bleiben die Fahnen auf dem Platze. Die Männer, die eben noch sich in den Tod
stürzen wollten, hatten den Mut nicht mehr, die Straßen zu betreten, und während, solange
fremde Truppen in den Mauern waren, keiner von den Soldaten nachts das Quartier zu ver-
lassen und sich zu zeigen wagte, ohne einen Schlag zu tun, war Malatesta plötzlich Herr der
Stadt. Das war das Ende der Freiheit von Florenz. Am Abend des 8. August 1530 erlosch ihr
letzter Funken, und in der Nacht, welche folgte, wurde das weitere von den Anhängern der
Medici nach Gutdünken eingerichtet.
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Malatestas Botschaft durch die Straßen flog. Die Bürger stürmen zusammen, um mit den
Waffen in der Hand Malatesta seines Amtes zu entsetzen. In zwei Feldlager teilte sich die
Stadt. Dort die Regierung im alten Florenz, wo Tod den Verrätern geschworen wird, hier
der General in der südlichen Stadt, mit seinen Soldaten in der Position, die Bürger zurückzu-
schlagen. Zwischen beiden der Fluß, dessen Brücken das Schlachtfeld geliefert hätten wie vor
Jahrhunderten, als die letzten Familien des alten Adels an den Brücken die Bürger erwarteten.
Ganz andere Nachrichten aber, als jeder erwartet, treffen da ein. Eine Schlacht ist geschlagen,
Ferrucci hat gesiegt, Oranien ist gefallen! Ungeheurer Jubel erfüllt die Bürger und erneute
Zuversicht, während Malatesta und die Seinigen plötzlich gefügig werden.
Aber Ferrucci kam nicht. Die Schlacht hatte er gewonnen, Oranien war getötet, beides Ferruccis Sieg
wahr, aber das Glück hatte sich gewandt im Laufe des Tages, und Ferrucci war tot wie sein “"d™
Gegner.
Der Regierung gibt Malatesta einfach Bericht, was geschehen war. Die Herren geraten in
solche Wut, daß sie den Träger der Botschaft mit gebundenen Händen zurückpeitschen lassen
wollen. Ruhiger geworden, beschließen sie eine schriftliche Antwort. Malatesta solle sie zum
Kampfe führen, seine Ehre verlange es. Malatesta kommt darauf um seine Entlassung ein.
Es wird beschlossen, diesem Gesuche zu entsprechen. Die Schriftstücke sind vom 8. August.
In der ehrenvollsten Form wird ihm der geforderte Abschied erteilt und zugleich in festen
Worten anbefohlen, mit den Truppen die Stadt zu räumen. Jetzt gerät er in Wut. Demjenigen,
der das Schreiben der Regierung überbringt, stößt er seinen Dolch in die Brust. Die Bürger-
schaft, die auf jedes geringste Ereignis ein scharfes Auge hat, erhebt sich, um diesen Frevel
zu rächen. Der Gonfalonier legt die Waffen an, und vorwärts auf die Brücken soll es losgehen,
auf die von der anderen Seite Malatesta die Kanonen richten läßt, während er die Tore den
Banden Ferrante Gonzagas zu öffnen droht.
Der Kampf in der Stadt sollte beginnen. Es wurde nur noch der Gonfalonier erwartet: daß
er, zu Pferde steigend, das Zeichen zum Sturm auf die Brücken gäbe. Da im äußersten Momente
wird ihm von seinem Freunde eingeredet, den letzten Versuch friedlicher Unterhandlung zu
wagen.
Girolami gab nach, und das entschied.
Zu sterben waren die Bürger bereit gewesen; aber noch einmal warten, erst nach ein paar Das Ende der
Tagen kämpfen? Vielleicht, wenn sie nicht so völlig ausgehungert gewesen wären, hätten sie ,fy™ "°"
es vermocht. Plötzlich aber versagt ihnen die Kraft. Aus dem Palaste wird ein Bürger an Mala-
testa abgesandt. Die Nacht brach ein. Die Bürger sollten auf dem Platze unter den Fahnen zu-
sammentreten, um die Wachen zu beziehen. Sie kamen nicht. Eine Erschlaffung war ein-
getreten, die wie der Schlaf nach vielen durchwachten Nächten bleiern auf den Leuten lastete,
daß sie, starr mit ansehend, was geschah, sich nicht mehr regten, um es zu hindern.
Einsam bleiben die Fahnen auf dem Platze. Die Männer, die eben noch sich in den Tod
stürzen wollten, hatten den Mut nicht mehr, die Straßen zu betreten, und während, solange
fremde Truppen in den Mauern waren, keiner von den Soldaten nachts das Quartier zu ver-
lassen und sich zu zeigen wagte, ohne einen Schlag zu tun, war Malatesta plötzlich Herr der
Stadt. Das war das Ende der Freiheit von Florenz. Am Abend des 8. August 1530 erlosch ihr
letzter Funken, und in der Nacht, welche folgte, wurde das weitere von den Anhängern der
Medici nach Gutdünken eingerichtet.
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