Der Herzog von Florenz
Man muß diese Tatsachen im Auge haben, um Machiavellis Buch Über den Fürsten gerecht
zu werden. Nie war diesem dergleichen in den Sinn gekommen. Als er Alessandros Vater die
Wege zeigte, sich zum Herrn der Stadt zu machen, hatte er nichts im Sinne als ein regierendes
Parteioberhaupt. Sich und die Bürger von Florenz sollte Lorenzo zu der ganz Italien beherr-
schenden Macht emporbringen. Machiavelli sah ein, daß Toskana für Florenz ein zu geringes
Gebiet sei, die ganze Halbinsel verlangte er. Alessandro faßte die Sache praktischer an. Er
wollte keine Bürgerschaft neben sich, mit der er die Herrschaft teilte und die ihn zu Zeiten
fast ebenso regiert hätte, wie er sie selbst regierte. Und so, während Machiavelli den Beweis
führt, daß die Befestigung einer Hauptstadt schädlich sei, erkennt der neue Herzog die dringende
Notwendigkeit, eine Zitadelle zu bauen. Er mußte, um die Florentiner mit voller Sicherheit
unter dem Fuße zu halten, seine Engelsburg haben.
Dazu sollte ihm Michelangelo dienen. Alessandro schickte Vitelli, den Obergeneral seiner Michelangelos
Mietstruppen, an ihn ab und ließ ihn auffordern, einen Ritt mit ihm um die Stadt zu machen, ^'^ Heimat:
um den passendsten Platz für die Befestigung auszusuchen. Michelangelo erwiderte, er stehe in
Diensten des Papstes und sei dazu nicht beauftragt. Der Respekt vor Clemens hielt den Herzog
zurück, Michelangelo diese Antwort einzutränken, nach dem 25. September 34 aber würde er
seine Rache genommen haben. Und deshalb war es gut, daß Michelangelo in Rom damals
war, und natürlich, daß er jetzt unter keiner Bedingung nach Florenz zurückkehrte.
Seit 1534 gab es für Michelangelo kein Florenz mehr. Die unvollendeten Gestalten der Grab-
mäler zogen ihn nicht mehr zu sich zurück. Aufgegeben für immer die Fassade von San Lorenzo,
die nach Vollendung der Sakristei wieder an die Reihe kommen sollte. Bis dahin, war er oft
auch jahrelang in Rom gehalten worden, hatte er sich immer fremd dort und in Florenz zu
Hause gefühlt. Von jetzt an betrachtete er Rom als seine Heimat.
Knabe. Skizze. London, Brit. Museum
175
Man muß diese Tatsachen im Auge haben, um Machiavellis Buch Über den Fürsten gerecht
zu werden. Nie war diesem dergleichen in den Sinn gekommen. Als er Alessandros Vater die
Wege zeigte, sich zum Herrn der Stadt zu machen, hatte er nichts im Sinne als ein regierendes
Parteioberhaupt. Sich und die Bürger von Florenz sollte Lorenzo zu der ganz Italien beherr-
schenden Macht emporbringen. Machiavelli sah ein, daß Toskana für Florenz ein zu geringes
Gebiet sei, die ganze Halbinsel verlangte er. Alessandro faßte die Sache praktischer an. Er
wollte keine Bürgerschaft neben sich, mit der er die Herrschaft teilte und die ihn zu Zeiten
fast ebenso regiert hätte, wie er sie selbst regierte. Und so, während Machiavelli den Beweis
führt, daß die Befestigung einer Hauptstadt schädlich sei, erkennt der neue Herzog die dringende
Notwendigkeit, eine Zitadelle zu bauen. Er mußte, um die Florentiner mit voller Sicherheit
unter dem Fuße zu halten, seine Engelsburg haben.
Dazu sollte ihm Michelangelo dienen. Alessandro schickte Vitelli, den Obergeneral seiner Michelangelos
Mietstruppen, an ihn ab und ließ ihn auffordern, einen Ritt mit ihm um die Stadt zu machen, ^'^ Heimat:
um den passendsten Platz für die Befestigung auszusuchen. Michelangelo erwiderte, er stehe in
Diensten des Papstes und sei dazu nicht beauftragt. Der Respekt vor Clemens hielt den Herzog
zurück, Michelangelo diese Antwort einzutränken, nach dem 25. September 34 aber würde er
seine Rache genommen haben. Und deshalb war es gut, daß Michelangelo in Rom damals
war, und natürlich, daß er jetzt unter keiner Bedingung nach Florenz zurückkehrte.
Seit 1534 gab es für Michelangelo kein Florenz mehr. Die unvollendeten Gestalten der Grab-
mäler zogen ihn nicht mehr zu sich zurück. Aufgegeben für immer die Fassade von San Lorenzo,
die nach Vollendung der Sakristei wieder an die Reihe kommen sollte. Bis dahin, war er oft
auch jahrelang in Rom gehalten worden, hatte er sich immer fremd dort und in Florenz zu
Hause gefühlt. Von jetzt an betrachtete er Rom als seine Heimat.
Knabe. Skizze. London, Brit. Museum
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