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Das Verhältnis zur Architektur
der Antike und Gotik


i. Die Antike als Leitbild der Architektur

Wie in den meisten Lebensbereichen, so stellte
die Renaissance die Antike auch in der Archi-
tektur und bildenden Kunst allgemein als ihr
Leitbild hin. An ihr sollte sich fast alles orien-
tieren, die einzelnen Elemente wie die grund-
legenden Prinzipien und die wissenschaftliche
Ausrichtung.
Der Gedanke, sich an der Antike zu orientie-
ren, war über das Mittelalter hinweg lebendig.
Für die Architektur zeugen davon Vitruv-Ko-
pien, Antikenbezüge bei Baubeschreibungen
in der Dichtung und viele Elemente romani-

scher Bauten. Man nennt sie „romanisch", eben
weil sie der römischen Architektur nahe kom-
men. Selbst die gotische Architektur mag von
der Antike inspiriert gewesen sein.1 Dafür spre-
chen die Darstellungen der Architekten als
Daidalos mit dem Labyrinth in den Kathe-
dralen von Chartres und Reims oder die aus-
drückliche Berufung auf Vitruv in den Dispu-
ten an der Mailänder Dombauhütte. Allerdings
blieb der Bezug auf die Antike ähnlich vage
wie viele theoretische Diskurse im Mittelalter:
Die Kopien von Vitruv sind, je später sie ent-

▲ 163: San Michele in Iso-
la, Venedig. Front (Mau-
ro Codussi, 1469-99, Fas-
sade 1477, links Cappella
Emiliana, um 1530).

1 Sauerländer 1981.
 
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