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gedacht werden, der auf je andere Weise der ge -
schicht1ichen Situation ihr inneres Maß gibt und
doch das eine identische Absolute bleibt? Soll
solche Frage nicht auf den unerforschlichen Rat-
schluß eines Deus absconditus verwiesen werden,
so bleibt als Aufgabe stehen: wie das Absolute in
der Vielfalt des sich jeweils verändernden endli-
chen Zusammenhangs der Dinge als eines und selbi-
ges anwesend soll gedacht werden können, Der er-
ste, der diese Frage in Richtung auf die geschicht-
liche Existenz des•(christlichen) Menschen ver -
schärft hat,, wenngleich ohne den geringsten Blick
auf die Weltgeschichte, ist Jacob Böhme, Böhme
steht in der neuplatonischen Tradition: auch er
will alle Dinge aus Gott ableiten .Aber was ihn
von dem neuplatonischen Versuch, die Einheit des
Unendlichen und Endlichen emanativ zu denken, ab-
hält, ist der beharrliche Eifer, mit dem er an
der Endlichkeit der Dinge, der Positivität des
Bösen und der Entscheidungsfreiheit des Menschen
festhält. Die Erfahrung lehrt ihn einen durch-
gängigen Dualismus des "Heilsamen11 und des "Grim-
migen"; "zwei Qualitäten, eine gute und eine böse,
die in dieser Welt in allen Kräften, in Sternen
und Elementen, sowohl in allen Kreaturen ineinan-
der sind". Wenn wir den Schmerz der Endlichkeit:
die Härte der begegnenden Dinge, die Unauflöslich-
keit der bösen Tat und die permanente Konfrontati-
on mit dem Bösen in der freien Entscheidung als
Grundverfassung geschichtlichen Daseins nehmen,
dann ist Böhmes Versuch, den Prozeß des endlichen
Seienden im theogonisehen Zusammenhang zu begrei-
fen, der Versuch, das Absolute und die Geschichte
zusammenzudenken, ohne die Absolutheit des Absolu-
ten noch die Endlichkeit der Geschichte zu verkür-
zen .
Hier ist nicht der Ort, Böhmes originelle Ver-
bindung der neuplatonischen, kabbalistischen, al-
 
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