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Halpersohn, Rubin
Über die Einleitungen im altfranzösischen Kunstepos — Berlin: Mayer & Müller, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.51081#0079
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69

73) Hierher gehören wohl auch die ziemlich häufig anzutreffenden
Verheissungen der [lichter, sich möglichst kurz zu fassen, was sie übrigens
trotz ihres Versprechens höchst selten tun. (Derartigen Versicherungen
ist ja auch in unserer Zeit kaum zu trauen!) Nicht als ob jede Erklärung
dieser Art einen Beweis für die nicht entwickelte Individualität des betref-
fenden Dichters darstellte, allein der Zusammenhang, in dem diese Ver-
sicherung abgegeben wird, lässt die Annahme zu, dass eine solche Ver-
heissung mehr oder weniger ein Zurücktreten des Autors hinter seiner —
angeblichen — Vorlage bedeutet. So heisst es z. B. im Ipomedon: Mes
pur hastiver la matire Nos estovra par bries*) motz dire. Fors la verrour
n’y acrestrai Dirai bref(ve)ment ceo que j’en sai; Ki grant oevre voet
translater Brefment l’estuet outre passer (v. 39 — 44). Allein nicht überall
tritt die Absicht, die der Autor mit seiner Versicherung, sich der Kürze zu
befleissigen, verfolgt, so deutlich hervor. — Ausführlichkeit oder Weit-
schweifigkeit hingegen nehmen die höfischen Dichter nie für sich in An-
spruch (dafür üben sie sie freilich in der Tat), das würde auf ein ent-
wickeltes Selbstgefühl der Verfasser hindeuten und ist ja gelegentlich in
neuerer Zeit zu finden.
74) Dieser Dichter geht in seiner angeblichen Wahrheitsliebe so weit,
dass er seinen Werken keinen Titel beilegt, offenbar, weil er einen solchen
in seiner Vorlage nicht vorgefunden. Der Verfasser des Escoufle hat den
schlechtklingenden Titel seiner Erzählung gleichwohl belassen, weil er in
dem conte, den er wiederzugeben behauptet, figuriert. Vgl. § 7 a.
75) Diese „Verwunderung“ soll nur bezwecken, den Hörern glaubhaft
zu machen, dass der Stoff sich selbst für die Kleriker zur Bearbeitung eigne.
7fl) Vgl. Anm. 73.
77) De la Rue (Essais II, 290) bestreitet die Richtigkeit dieser Be-
hauptung Hues und weist darauf hin, dass der Dichter selber des öfteren
um Entschuldigung bittet für die Lügen, die er niedergeschrieben. Mit
Recht bemerkt De la Rue (ibid.): Hue de la Rotelande la (sc. l’invention
du poète) regarde comme une faute. Auch Kolbing (Ausg. des Ipom., Einl.
S. 3) hält die Richtigkeit der Hueschen Mitteilung für höchst unwahrscheinlich.
7S) Vgl. Durmart v. 6075: car cil n’est mie bons conférés Qui trop
alonge sa rime.
79) Derartige Versicherungen begegnen auch am Schluss der Dich-
tungen (auch der Ch. de g.) Man darf aber dort — ebensowenig wie in der
Einleitung — nicht bestimmte Angaben erwarten, vgl. Försters Einl. zum kl.
Yv.2 S. 19 und Holland, Chrét. de Troie, S. 170 Anm. 1. Vgl. auch Karls-
reise v. 860.
s0) Abgesehen davon, dass sie diesen doch auch Dank schuldeten.
Aber der Sinn für Dankbarkeit ihren Vorgängern gegenüber scheint bei
den afz. Dichtern noch nicht stark ausgebildet gewesen zu sein, zumal
*) So liest Mussafia (Wien. Akad., phil.-hist. Kl. 121) statt biaus.
Seine La wird gestützt durch brefment v. 42, v. 44.
 
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