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Wilke, Erich [Hrsg.]; Mal- und Zeichen-Unterricht GmbH <Berlin> [Hrsg.]; Meru, Johannes [Mitarb.]
Handbuch und Lehrkursus für die Kunst des Zeichnens und Malens (Band 4): Das Karikaturzeichnen: mit 130 einfarbigen und farbigen Abbildungen und 66 Tafeln — Braunschweig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.23974#0043
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DIE KARIKATUR

2. Kapitel

DIE ENTWICKLUNG DER KARIKATUR

VON DER MITTE DES 19. JAHRHUNDERTS BIS ZUR GEGENWART

YYHochblüte der Karikatur entsteht in der politisch so bewegten
Zeit der vierziger Jahre. Die Revolutionen von 1848 und was ihnen an Spannungen
vorausging, dazwischen Episoden wie die Lola-Montez-Affäre in München, die besonders zur
Satire herausforderte und zu einer großen Menge von Karikaturen veranlaßte; dann die
unfruchtbaren Ereignisse des Frankfurter Parlamentes, die alle Gemüter bewegten, riefen
witjige geistige Kämpfe hervor. End niemals vorher fanden die Meinungsäußerungen in so
weitgehendem Maße durch das satirische Bild ihren Ausdruck wie in jener Zeit. Da genügt
es auch nicht mehr, einzelne Flugblätter zu verbreiten, wie es früher allein geschehen war.
Es bedurfte neuer Mittel zur Verbreitung der bildlichen Satire; so entstanden die periodisch
erscheinenden politisch-satirischen Zeitungen.

Im Jahre 1843 begannen die „F liegenden Blätter" zu erscheinen, die stofflich und
künstlerisch auf lange Zeit hinaus bei weitein an erster Stelle standen. Bald danach entstand
in München der Scheichsche „Punsch", die Wolffschen ..Leuchtkugeln", in Stuttgart
der „E ul e n s p i e g e l", in Düsseldorf die „Düsseldorfer Monatshefte". 1848
wurde in Berlin der „Kladderadatsch" gegründet, im selben Jahre in Berlin Glaß-
brenners ,,F r eie Blatte r", der „B erliner Krakehle r", „T ante V o ß mit dem
Besen", in Hamburg der „M e p h i s t o p h e l e s", in Frankfurt der „Satyr", in Leipzig
der ,,L e u cht tu r m", in Mainz „D i e ekligen Blatte r", in Karlsruhe „D er p o -
Ii t i s ch e Bilder man n".

Wir haben diese Reihe bedeutender Blätter, neben der noch über ein Dutjend kleinerer
erschien, genannt, um nur einen geringen Begriff von dem Umfang zu geben, den damals
die politische Karikatur annahm. Man darf nicht vergessen, daß auch da neben den Zeit-
schriften noch einzelne Flugblätter vertrieben wurden. Ein wie weites Feld für künstlerische
Betätigung war also geschaffen!

Aber sehen wir uns nach künstlerischer Qualität um, so müssen wir mit Staunen gewahr
werden, daß künstlerisch wertvolle Karikaturen im Vergleich zu der großen Menge des
Geschaffenen nur in verhältnismäßig geringer Anzahl entstanden. Und da wissen wir oft nicht
einmal den Namen des Künstlers, weil die Bilder fast ausnahmslos anonym erschienen sind.

Inhaltlich ist über die Karikaturen noch zu sagen, daß mit Beginn der fünfziger Jahre
ihre politische Tendenz allmählich zurücktritt.

Wir wollen nun, um einzelne Beispiele anführen zu können, den bedeutenderen Erschei-
nungen nähertreten. Zuerst sei, wenn wir uns dabei auch nicht an die zeitliche Reihenfolge
halten, auf die „Düsseldorfer Monatshefte" eingegangen, der in der Ausstattung

uns nun wieder der Geschichte der Karikatur in Deutschland zu. Eine

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