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Wilke, Erich [Hrsg.]; Mal- und Zeichen-Unterricht GmbH <Berlin> [Hrsg.]; Meru, Johannes [Mitarb.]
Handbuch und Lehrkursus für die Kunst des Zeichnens und Malens (Band 4): Das Karikaturzeichnen: mit 130 einfarbigen und farbigen Abbildungen und 66 Tafeln — Braunschweig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.23974#0151
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ANLEITUNG ZUM
KARIKATURENZEICHNEN

ZWEITER TEIL / MIT 37 TAFELN

Wir wollen uns nun mit dem Kopf befassen und gleich bemerken, daß es zwei Grund-
formen des Kopfes gibt, das ist der Lang- und der Kurzschädel, siehe Tafel 30.
Es ist für den Anfänger von großer Wichtigkeit, die Kopfform einer zu karikierenden
Person sofort richtig zu zeichnen, und es ist tatsächlich bei einer Porträtkarikatur schon die
halbe Arbeit getan, wenn man die Form des Schädels getreu erfaßt hat.

Hat einer einen typischen Langschädel als Kurzschädel aufgefaßt, dann kann die konter-
feite Person, auch wenn die Karikatur im einzelnen genau stimmt, unmöglich ähnlich in der
Zeichnung sein.

Goethe zum Beispiel als Kurzschädel aufgefaßt, kann unmöglich Goethe sein, oder um-
gekehrt; Beethoven als Langscliädel wäre ein glatter Blödsinn.

Daß aber der Kopf außer lang und kurz noch eine Menge anderer Formen aufweist, wie
oval, rund, viereckig usw., zeigt Tafel 31.

Nun werden wir uns mit dem Gesicht unserer Mitmenschen näher befassen, und wollen
wir zuerst die Nase in Angriff nehmen, die ja in der Regel den Ton angibt.

Die Nase ist sozusagen der ruhende Pol im G e sieht ; während alle ande-
ren „Gegenstände" im Gesicht mehr oder weniger beweglich sind, bleibt die Nase fest ver-
ankert an dem ihr in der Mitte zugedachten Platj. Ob einer weint oder lacht, schreit oder
singt, sie rührt sich nicht vom Fleck. —

Man soll beim Kopfzeichnen aus diesem Grunde au ch immer mit der
Nase anfangen, nachdem man die Form des Kopfes gezeichnet hat. Sitjt die Nase
richtig, und hat man sie gut getroffen, dann baut sich alles andere leicht drum herum.

Der Zeichner kommt viel weniger in Gefahr, sich zu verhauen, wie der Fachausdruck
sagt, wenn er beim Porträtzeichnen mit der Nase anfängt. "Wenn jemand das Aussehen einer
Person erklären will, fängt er gewöhnlich mit der Schilderung der Nase an.

Trifft man besonders schöne Augen, dann werden selbstverständlich in diesem Falle die
Augen zuerst erwähnt. Hat jedoch die Person mit den auffallenden Augen eine besonders
charakteristische Nase, sei es eine Stups-, Knups-, Haken- oder sonst eine Nase, nütjen ihr
die schönsten Augen nichts, dann wird ihre Nase immer zuerst erwähnt werden.

Tafel 32 zeigt uns an einer Reihe von Beispielen, wie sehr die Nase den Ausdruck und
den Charakter eines Gesichtes verändern kann.

Das nächstfolgende Blatt, Tafel 33, zeigt uns die Nase in den verschiedenen Stellungen
von der Seite bis zur Vorderansicht.

*

Eines der wichtigsten Kapitel für den Karikaturenzeichner sind Augen und Mund.
Hier kommt nicht nur das genaue Abzeichnen in Frage, sondern ein außerordentlich
wichtiger Faktor hat hier mitzusprechen: die Seele des Menschen.

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