STICKEREI, SPITZEN, PERLARBEITEN
STICKEREI. Die charakteristische und spe-
zifisch handwerksmäßige Leistung der Stik-
kerei drückt sich aus in der fast unbegrenz-
ten Abwandlungsmöglichkeit einer Musterung
in Form und Farbe. Kaum eine andere Tech-
nik läßt der Improvisation soviel Spielraum,
denn die technische Bindung an das winzige,
leichtbewegliche Instrument der Nadel ver-
pflichtet nicht zu mechanisch-technischen
Bindungen, durch die von vornherein eine
Struktur festgelegt wäre. So sind denn Sticli-
arlen immer wieder neu erfunden, variiert
und verwendet worden, wie es die Erfüllung
zeitgebundener Ornament- und Farbengebung
verlangte. Einzig von der Grundlage, auf der
sich jede Stickerei abspielt, konnten Richt-
linien für die Gestaltung von Muster und
Stichart genommen werden, so von der qua-
dratischen Struktur der Kanevas- und Sieb-
gewebe für den Kreuzstich und seine Ab-
arten, von dem geknüpften oder gewebten
Netzgrund für die verschiedenen Stopfstiche
der Filetstickerei, wobei die Bindung des
Musters an die Quadratgrundlage einen beson-
deren geometrischen Typus schuf. Nachdem
in früheren Zeiten die Woll- und Seidenstik-
kerei in Ornament oder Bilddarstellung alle
Fälligkeiten ihrer malerischen Schilderungs-
weise eingesetzt hat, ist sie heute durch die
Vorliebe für glatte, einfarbige Flächenmuste-
rung zurückgedrängt worden. Ihre einzige
uneingeschränkte Fortführung ist auf dem
Gebiet der kirchlichen Gewandung und des
Altarschmuckes zu finden. Hier wird auch
die alte Technik der Metallstickerei noch be-
nutzt, die im profanen Leben nur in Vereins-
fahnen und dem wenigen Bedarf volkstüm-
lichen Trachtenzubehörs weiterlebt. Sticke-
reimaschinen haben, besonders auf dem Ge-
biet der Weißstickerei, die Handarbeit abge-
löst und liefern vor allem Meterware, deren
ständige Wiederholung des Musters den Ge-
setzen der maschinellen Herstellung ent-
spricht.
TÜLLSTICKEREI. Ins Bereich der Spitze
weist mit ihrer reinen Helldunkel-Wirkung
die Stickerei auf durchsichtiger Unterlage,
dem Filetnetz oder dem Maschinengewebe des
Tülls. Hier bildet die Nadel das Ornament in
flächiger Wirkung durch dichtes Nebenein-
anderlagern des Fadens oder durch Nützung
seiner Einzelwirkung, die der gezeichneten
Linie gleichkommt. Diese grafische Art der
Darstellung scheint dem Gefühl unserer Zeit
besonders zu entsprechen und gleichzeitig der
reinen Handarbeit den weitesten Spielraum
zu lassen.
NÄHSPITZEN sind heute noch die kompli-
ziertesten und feinsten aller Nadelarbeiten.
Durch Spannen und Verschlingen des Fadens
entsteht hier nicht nur das Ornament, son-
dern auch der feine Maschen- oder Steggrund,
der es zusammenhält. Der mühevolle und
langwierige Arbeitsvorgang macht die hand-
genähte Spitze zu reiner Luxusware.
KLÖPPELSPITZEN weisen in ihrer Struk-
tur deutlich die Gemeinschaft mit der Tech-
nik des Knüpfens, Knotens und Webens auf.
Ihr Muster, gebüdet von zahlreichen Klöppel-
spulen, vermittelt durch Überkreuzen und
Verflechten der Fäden, ist an die ständige
Weiterführung des Fadens gebunden. Neben
der Besatzspitze mit engem Rapport, deren
Nachahmung von der Maschine mit großer
Vollkommenheit übernommen wird, bleibt
das abgeschlossene Einzelstück ausschließlich
der Handarbeit vorbehalten.
HOHLSAUM. Auf der Grundlage ausgezoge-
ner Fäden bildet der Hohlsaum, zugleich mit
der Sicherung des Gewebes gegen weitere
Fadenlockerung, eine Musterung durch Zu-
sammennähen einzelner Fadengruppen. Da
diese Arbeit von der Maschine nicht ohne
leichte Benachteiligung des Gewebes geleistet
werden kann, ist für das bessere Wäschestück
der Hohlsaum rein handwerklich geblieben.
STEPPEREI. Die Verbindung zweier Gewebe
mit weicher Zwischenschicht setzt auch heute
noch die Handnäherei voraus, deren größere
Nachgiebigkeit der Fadenführung im Gegen-
satz zur Maschinenstepperei hiex ebenso vor-
gezogen wird wie die Weichheit handgenäh-
ter Säume für feine Damenwäsche.
PERLARBEIT. Gestrickt, genäht oder ein-
gehäkelt werden Glasperlen zu Beuteln,
Taschen, Ketten u. a. verarbeitet. Auch hier
bewährt sich die Handarbeit durch größere
Haltbarkeit und durch die Möglichkeit kom-
plizierter und vielfarbiger Musterung.
Hanna Kronberger-Frentzen
35
STICKEREI. Die charakteristische und spe-
zifisch handwerksmäßige Leistung der Stik-
kerei drückt sich aus in der fast unbegrenz-
ten Abwandlungsmöglichkeit einer Musterung
in Form und Farbe. Kaum eine andere Tech-
nik läßt der Improvisation soviel Spielraum,
denn die technische Bindung an das winzige,
leichtbewegliche Instrument der Nadel ver-
pflichtet nicht zu mechanisch-technischen
Bindungen, durch die von vornherein eine
Struktur festgelegt wäre. So sind denn Sticli-
arlen immer wieder neu erfunden, variiert
und verwendet worden, wie es die Erfüllung
zeitgebundener Ornament- und Farbengebung
verlangte. Einzig von der Grundlage, auf der
sich jede Stickerei abspielt, konnten Richt-
linien für die Gestaltung von Muster und
Stichart genommen werden, so von der qua-
dratischen Struktur der Kanevas- und Sieb-
gewebe für den Kreuzstich und seine Ab-
arten, von dem geknüpften oder gewebten
Netzgrund für die verschiedenen Stopfstiche
der Filetstickerei, wobei die Bindung des
Musters an die Quadratgrundlage einen beson-
deren geometrischen Typus schuf. Nachdem
in früheren Zeiten die Woll- und Seidenstik-
kerei in Ornament oder Bilddarstellung alle
Fälligkeiten ihrer malerischen Schilderungs-
weise eingesetzt hat, ist sie heute durch die
Vorliebe für glatte, einfarbige Flächenmuste-
rung zurückgedrängt worden. Ihre einzige
uneingeschränkte Fortführung ist auf dem
Gebiet der kirchlichen Gewandung und des
Altarschmuckes zu finden. Hier wird auch
die alte Technik der Metallstickerei noch be-
nutzt, die im profanen Leben nur in Vereins-
fahnen und dem wenigen Bedarf volkstüm-
lichen Trachtenzubehörs weiterlebt. Sticke-
reimaschinen haben, besonders auf dem Ge-
biet der Weißstickerei, die Handarbeit abge-
löst und liefern vor allem Meterware, deren
ständige Wiederholung des Musters den Ge-
setzen der maschinellen Herstellung ent-
spricht.
TÜLLSTICKEREI. Ins Bereich der Spitze
weist mit ihrer reinen Helldunkel-Wirkung
die Stickerei auf durchsichtiger Unterlage,
dem Filetnetz oder dem Maschinengewebe des
Tülls. Hier bildet die Nadel das Ornament in
flächiger Wirkung durch dichtes Nebenein-
anderlagern des Fadens oder durch Nützung
seiner Einzelwirkung, die der gezeichneten
Linie gleichkommt. Diese grafische Art der
Darstellung scheint dem Gefühl unserer Zeit
besonders zu entsprechen und gleichzeitig der
reinen Handarbeit den weitesten Spielraum
zu lassen.
NÄHSPITZEN sind heute noch die kompli-
ziertesten und feinsten aller Nadelarbeiten.
Durch Spannen und Verschlingen des Fadens
entsteht hier nicht nur das Ornament, son-
dern auch der feine Maschen- oder Steggrund,
der es zusammenhält. Der mühevolle und
langwierige Arbeitsvorgang macht die hand-
genähte Spitze zu reiner Luxusware.
KLÖPPELSPITZEN weisen in ihrer Struk-
tur deutlich die Gemeinschaft mit der Tech-
nik des Knüpfens, Knotens und Webens auf.
Ihr Muster, gebüdet von zahlreichen Klöppel-
spulen, vermittelt durch Überkreuzen und
Verflechten der Fäden, ist an die ständige
Weiterführung des Fadens gebunden. Neben
der Besatzspitze mit engem Rapport, deren
Nachahmung von der Maschine mit großer
Vollkommenheit übernommen wird, bleibt
das abgeschlossene Einzelstück ausschließlich
der Handarbeit vorbehalten.
HOHLSAUM. Auf der Grundlage ausgezoge-
ner Fäden bildet der Hohlsaum, zugleich mit
der Sicherung des Gewebes gegen weitere
Fadenlockerung, eine Musterung durch Zu-
sammennähen einzelner Fadengruppen. Da
diese Arbeit von der Maschine nicht ohne
leichte Benachteiligung des Gewebes geleistet
werden kann, ist für das bessere Wäschestück
der Hohlsaum rein handwerklich geblieben.
STEPPEREI. Die Verbindung zweier Gewebe
mit weicher Zwischenschicht setzt auch heute
noch die Handnäherei voraus, deren größere
Nachgiebigkeit der Fadenführung im Gegen-
satz zur Maschinenstepperei hiex ebenso vor-
gezogen wird wie die Weichheit handgenäh-
ter Säume für feine Damenwäsche.
PERLARBEIT. Gestrickt, genäht oder ein-
gehäkelt werden Glasperlen zu Beuteln,
Taschen, Ketten u. a. verarbeitet. Auch hier
bewährt sich die Handarbeit durch größere
Haltbarkeit und durch die Möglichkeit kom-
plizierter und vielfarbiger Musterung.
Hanna Kronberger-Frentzen
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