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Hartlaub, Gustav Friedrich
Das ewige Handwerk im Kunstgewerbe der Gegenwart — Berlin, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.19124#0059
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SCHMIEDEEISEN, EDELM ETALLAR BEITEN

In der Metallverarbeitung sind die Span-
nungen zwischen dem Erzeugnis der Hand-
werkskunst und dem serienmäßig hergestell-
ten Industrieprodukt besonders groß. Die
hervorragenden technischen und konstruk-
tiven Eigenschaften des Metalls haben das
Emporwachsen einer Handwerkskunst von
größter Vielseitigkeit und Meisterschaft be-
günstigt. Andererseits sind eben diese Eigen-
schaften auch die Hauptgrundlage für die
Entwicklung der Maschine gewesen und haben
ihr sieghaftes Eindringen in die Wirtschaft
erst möglich gemacht. Die große Zuverläs-
sigkeit des Materials, seine vielfältige Ver-
wendbarkeit und leichte Bearbeitungsfähig-
keit haben zur Einführung von zahlreichen
Halb- und Serienfabrikaten geführt, die die
Verarbeitung vor ganz neue technische Mög-
lichkeiten stellt.

Hauptgebiete der Handwerkskunst aus dem
großen Reich der Metallverwertung bilden
das Schmiedeeisen und die Edelmetallver-
arbeitung.

Der handwerkliche Schmied vergangener
Tage mußte sich sein Material für jeden
Zweck mühevoll besonders zurichten. Viele
Einzelheiten, deren Folgerichtigkeit und Aus-
druckskraft wir an den Beispielen handwerk-
licher Schmiedekunst bewundern, alle die
Lochungen, Windungen, Bunde, Abspaltun-
gen usw. sind im Grunde nichts als Ver-
suche, zwischen den einzelnen Teilen des
Schmiedestücks dauerhafte Verbindungen

herzustellen und dem Material eine höchste
Ausnutzung abzuringen. Versuche freilich,
die bei der großen schöpferischen Ivraft des
Handwerks zugleich zu starkem formalem
Ausdruck führten. Heute liefert dem Schmied
das Walzwerk Stäbe und Bleche jeder Länge
und Stärke. Winkeleisen, T- und U-Profile,
nahtlose Rohre, Maschendraht und viele?
andere bilden ein Material von sorgfältig
durchdachter, praktisch unmittelbar verwert-
barer Bildung, höchster statischer Leistung
und großer Wohlfeilheit. Für die tägliche
Praxis, bei der die wirtschaftlichen Gesichts-
punkte im Vordergrunde stehen, ist damit
eine ganz neue technische Grundlage geschaf-
fen. Aus diesen Materialien die Aufgaben des
einfachen Bedarfs zu lösen, ist nicht mehr
Handwerk, sondern bestenfalls Handarbeit,
Montage, die durch weitere technische Er-
rungenschaften, wie den Niethammer, die
autogene Schweißung usw. noch erleichtert
und normalisiert worden ist. —

Unschlagbar aber bleibt das Handwerk in
allen Aufgaben einmaliger Art, überall da.
wo sich zum praktischen Zweck das Bedürf-
nis nach Ausdruck und Repräsentation gesellt.
Eingangstore öffentlicher Gebäude, Vergit-
terungen vornehmer Privathäuser, Bankge-
bäude oder Kirchen, kurz, alle Gebiete, in
denen mehr auf die psychische Wirkung ge-
sehen wird als auf die rein praktische, bleiben
die Domänen der handwerklichen Schmiede-
kunst. Deren Aufgabe aber ist es, die moder-

Geschliffene Schmucksteine
Edelsteinschleiferei Idar-Oberstein

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